Medienbrief 6/16

2017-preissymbolNominierungen für Ernst-Schneider-Preis

21 besondere Wirtschaftsbeiträge sind für den Ernst-Schneider-Preis 2016 nominiert worden. Es sind im Urteil der Jurys die herausragendsten Beiträge aus Fernsehen, Hörfunk, Print und Onlinemedien. Sie vermitteln wirtschaftliche Zusammenhänge spannend, unterhaltsam und allgemein verständlich. Hier geht es zur Liste der Nominierten. Am 17. Oktober werden Mitglieder der Jurys im Karlsruher ZKM die Gewinner verkünden. Laudatoren sind:

Jan Metzger, Intendant Radio Bremen (Große Wirtschaftssendung Hörfunk),

Martin Wacker, Geschäftsführer Karlsruhe Event (Wirtschaft Online),

Ulrich Becker, Chefredakteur Südwestpresse (Förderpreis Print),

Wolfgang Krach, Chefredakteur Süddeutsche Zeitung (Wirtschaft in überregionalen Printmedien),

Werner D’Inka, Herausgeber FAZ (Innovation/
Unterhaltungssendung),

Peter Boudgoust, Intendant SWR (Kurzbeitrag Fernsehen) und

Christine Strobl, Geschäftsführerin Degeto (Große Wirtschaftssendung Fernsehen).

Viel Resonanz auf die „Höhle der Löwen“

Im dritten Jahr findet die 2015 mit dem Ernst-Schneider-Preis ausgezeichnete Gründershow „Höhle der Löwen“ noch mehr Publikum als in den Vorjahren. Die jetzige Staffel sehen zum Teil mehr als drei Millionen Zuschauer. Das entspricht einem Marktanteil von über elf Prozent. In der Zielgruppe der jüngeren Zuschauer (14- bis 49-Jährige) kletterte der Marktanteil kontinuierlich auf mittlerweile fast 20 Prozent.

ARD zeigt die neue digitale Arbeit

2016-buero„Zukunft der Arbeit“ heißt die Themenwoche der ARD in diesem Jahr. Vom Sonntag, 30. Oktober, bis Samstag, 5. November, beleuchten Sendungen im Ersten, in den dritten Programmen, im Radio und im Internet die Veränderungen, die die Digitalisierung auslöst. Der Blick richtet sich auch auf Chancen und Möglichkeiten. Auch „Tigerentenclub“, „Die Sendung mit der Maus“, „Tatort“, „Weltspiegel“ und „Anne Will“ richten ihr Programm auf das Thema „Zukunft der Arbeit“ aus. Zusätzlich gibt es Sondersendungen, zum Beispiel am Montag 31. Oktober: „Faktor Mensch – was macht Unternehmen erfolgreich?“ Seit 2006 greift die ARD-Themenwoche gesellschaftlich relevante Themen auf. Die bisherigen Themen widmeten sich dem demographischen Wandel, dem Ehrenamt, der Ernährung, der Mobilität und unter anderem der Toleranz. Die Themenwoche 2016 wird vom Hessischen Rundfunk, vom Saarländischen Rundfunk und von Radio Bremen verantwortet.

Deutschlands Funk gewinnt

Im April kommenden Jahres werden zwei Programme des Deutschlandradios umbenannt: Aus Deutschlandradio Kultur wird Deutschlandfunk Kultur, aus DRadio Wissen Deutschlandfunk Nova. Der Sender will die Programme „als Familie erkennbar“ machen, sagte Intendant Willi Steul. Das Deutschlandradio konzentriert sich damit auf die Strahlkraft des beliebten Deutschlandfunks mit seinen aktuellen Wortbeiträgen zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschlandradio Kultur hat rund 400.000 Hörer am Tag – deutlich weniger als der in Köln ansässige Deutschlandfunk. DRadio Wissen wurde 2010 als reines Digitalprogramm gegründet. Der Sender versteht sich als junges Angebot mit einem überdurchschnittlich hohen Wortanteil. Motto: „Es ist kompliziert“. Deutschlandradio ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das Programm ist werbefrei.

„Mehr als shake-hands“

bundesregierungPlaymobil, schwarz-rot-goldene Staubwedel, Bundesländer als Emojis: das macht neugierig. Rund 350.000 „Fans“ hat die Facebook-Seite der Bundesregierung, die seit 2015 online ist. Das sind nur etwas weniger „Fans“ als die F.A.Z. hat. Die Bundesregierung informiert auf ihrer Seite über Flüchtlingsthemen und auch über Staatsbesuche. Das Playmobil-Modell (Bild) stellt die deutsche Botschaft auf Malta dar und ist ein Versuch Aufmerksamkeit im Netz zu schaffen. Ein im Beitrag platzierter Link gibt ausführlichere Informationen. Zehn Prozent der Leser nutzen dieses Angebot und klicken auf den Link. Auf dem Social Media Day der IHKs erklärte Klaus Feldgen, Social Media Team der Bundesregierung, die Strategie seines Teams, das mehr als die üblichen shake-hands zwischen Politikern zeigen wolle. Das Social Media Team arbeitet eigenverantwortlich im Pressezentrum. Das erlaube schnelle Reaktionen der Redakteure, die mit ihrem oftmals witzigen, frischen Tonfall gute Erfahrungen machen und selbst Hasskommentaren den Wind aus den Segeln nehmen.
http://www.facebook.com/Bundesregierung

Wenig Vertrauen in Berichterstattung

Medien scheinen ein Glaubwürdigkeitsproblem zu haben. Nach einer Untersuchung von Kim Otto und Andreas Köhler von der Uni Würzburg wächst das Misstrauen gegenüber Medien vor allem bei Menschen, die jünger als 35 Jahre alt sind, die den Parteien fern stehen, sich gegen Flüchtlinge positionieren, eher am rechten Rand des politischen Spektrums beheimatet sind und ihre eigene wirtschaftliche Lage als schlecht beurteilen. Der Anteil der Menschen, die der Presse misstrauen, ist im Jahr 2015 auf 49 Prozent angestiegen (plus 4 Prozent). 37 Prozent der Menschen misstrauen dem Radio (plus 9 Prozent) und 43 Prozent dem Fernsehen (plus 6 Prozent). Die Untersuchung basiert auf Daten des Eurobarometers, einer jährlichen Bevölkerungsbefragung im Auftrag der Europäischen Kommission.
http://de.ejo-online.eu/

Neuer „Funk“ ab 1. Oktober

Informieren, orientieren und unterhalten – das will funk, das neue, junge Angebot von ARD und ZDF. Inhalte gibt es nur online – per App oder in den Sozialen Medien, dort wo junge Menschen online Inhalte konsumieren. Auf der Web­site heißt es: „Unsere Formate wie ‚Kliemannsland‘ und ‚Y-Kollektiv‘ findet ihr direkt auf YouTube, Face­book, Snapchat und Instagram und auf funk.net.“ Funk will Hintergründe zum Tagesgeschehen liefern. Die werbefreie Plattform startet am 1. Oktober mit über 40 Online-Formaten. Zielgruppe sind die 14- bis 29-Jährigen, die bislang relativ wenig öffentlich-rechtliches Fernsehen schauen. Die 30-köpfige Redaktion um Sophie Burkhardt und Florian Hager sitzt in Mainz.

Spardruck, Quote und der neue Blick aufs Gelungene

Stellungnahme zur Entwicklung der Wirtschaftsberichterstattung 2016

Nach unserer Beobachtung verändert sich die Wirtschaftsberichterstattung. Sie wird partiell besser und gleichzeitig in anderer Hinsicht schwächer. Dafür sind verschiedene Entwicklungen verantwortlich. Mit dieser Stellungnahme, die Anregungen der Industrie- und Handelskammern aufgreift, wollen wir Trends benennen und Anstöße zur Verbesserung der Wirtschaftsberichterstattung geben. Die Studie stützt sich auf Umfragen, Medienbeobachtung und die Auswertung von über tausend Wirtschaftsbeiträgen, die zum Ernst-Schneider-Preis 2016 eingereicht wurden. Die IHKs stiften diesen Preis seit 45 Jahren. Sie wollen, dass die Menschen wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen. Dieses Wissen ist für die Gesellschaft von Bedeutung. Es setzt eine breite und verlässliche Information voraus. Wir sehen verschiedene Entwicklungen:

  • Viele Redaktionen müssen sparen. Es fehlt teilweise an Recherchezeit; Expertise und Kontakte gehen verloren. Dies berichten zum Beispiel Regionalzeitungen. Manche ihrer Chefredakteure haben keine Kapazitäten mehr, um große Wirtschaftsserien ins Blatt zu nehmen. Analysen und langfristige Einschätzungen finden seltener statt. 75 Prozent der 158 befragten Journalistinnen und Journalisten bedauern in einer aktuellen Umfrage des Ernst-Schneider-Preis, zu wenig zu tun oder – mangels Ressourcen – tun zu können, um anspruchsvolle Wirtschaftsthemen zu vermitteln.
  • Emotionale Einzelfallbeschreibungen nehmen besonders im Fernsehen zu, weil sie die Aufmerksamkeit steigern. Oft ersetzen Fallbeispiele die Analyse. So wurde zum Beispiel die Flüchtlingskrise in weiten Teilen über erschütternde Einzelschicksale erzählt. Dieser Berichterstattung fehlte mitunter ein Blick auf Gesamtzusammenhänge. Da die Berichte anfangs Übergriffe und Probleme ausklammerten, empfanden viele Zuschauer die Berichterstattung als lückenhaft. Sie ließ Zuschauer aufgewühlt und verunsichert zurück. Die Berichterstattung wurde dank einer besseren Einordnung der Vorgänge mit der Zeit besser.
  • Welche Relevanz das Fehlen ausgewogener Berichterstattung hat, konnte man in Großbritannien beobachten. Über Jahre haben populäre Medien wie „Daily Mail“, „Sun“, „Daily Express“, „Daily Telegraph“ und „Daily Star“ Emotionen schürend über die EU berichtet und Stimmung für den Brexit gemacht (Reuters Studie 5/2016). In keinem andere Mitgliedsland wissen die Einwohner so wenig über die EU wie in Großbritannien (Bertelsmann Stiftung 4/2016). Nach Ansicht der „Economist“-Chefredakteurin Zanny Minton Beddous hat die emotionale Berichterstattung eine wichtige Rolle beim Votum für den EU-Ausstieg gespielt.
  • Journalisten, und damit auch Programmverantwortliche, unterschätzen tendenziell die Bedeutung von Wirtschaft für die Gesellschaft. Dies sagen 62 Prozent der vom Ernst-Schneider-Preis befragten Journalisten. Vier von fünf Befragten sind der Meinung, dass wirtschaftliche Themen besonders im Fernsehen zu wenig Sendezeit finden. Wird über Wirtschaft berichtet, geschieht dies überwiegend unter nutzwertigen Aspekten der Verbraucherberichterstattung. Doch auch die immer wieder neu zu justierenden Spielregeln der Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik benötigen ausreichend Programmplätze. Bundespräsident Joachim Gauck: „Die Soziale Marktwirtschaft braucht informierte Bürger, die selbstbewusst am Wirtschaftsleben teilnehmen“.
  • An einem Teil der Bevölkerung geht zurzeit jede Wirtschaftsberichterstattung vorbei. Das Kölner Rheingold Institut schätzt, dass sich nur noch 50 bis 60 Prozent der Deutschen in den Leitmedien zu Hause fühlen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung hat sich in die sozialen Echoräume des Internets zurückgezogen. Über Facebook und Twitter sortieren sie vor, was in ihr Weltbild hineinpasst. So dringt aus dem täglichen Nachrichtenstrom nur das durch, was die eigenen Ansichten und Interessen bestätigt. Manche Nutzer leben teilweise in einer „Filter Bubble“ – sicherlich eine der großen gemeinsamen Herausforderungen.
  • Gleichzeitig leisten Rechercheverbünde und große Titel Herausragendes zur Information ihrer Leser. „Swiss Leaks“, „Luxemburg Leaks“, „Panama Papers“ sind Beispiele eines neuen, international arbeitsteiligen Wirtschaftsjournalismus, der globale Themen wie Steuervermeidung und Steuermoral aufgreift und politisches Handeln auslöst.
  • Und schließlich scheint sich der Blickwinkel zu öffnen. Der Blick der Journalisten geht öfter als früher auf das Gelungene. Neben der Kritik an den Zuständen und dem Fehlverhalten Einzelner zeigen mehr Wirtschaftsbeiträge als bisher das Realisierte. Die Berichterstattung über Start ups („Made in Berlin“, rbb) und die Gründershow von Vox „Höhle der Löwen“ sind Beispiele für diesen Trend. Zu nennen sind auch journalistisch gelungene Firmenportraits; die besten kamen in diesem Jahr vom SWR. Optimistische Websites wie „perspective-daily.de“ sind entstanden, die ein ausgewogenes Weltbild vermitteln wollen. Am deutlichsten wird der Trend durch eine neue Rubrik im Nachrichtenmagazin Spiegel. Sie heißt „Früher war alles schlechter“ und zeigt den langfristigen Fortschritt zum Beispiel in der Armutsbekämpfung, der Kinderarbeit, im Umweltschutz oder in der Medizin.

Die Entwicklung im Einzelnen

I. Fernsehen

Aus der Perspektive der Wirtschaft war „Die Höhle der Löwen“ von Vox die Überraschung des Jahres. Die Show erhielt im Herbst 2015 den Ernst-Schneider-Preis, weil sie den Zuschauern das sperrige Thema „Existenzgründung“ spielerisch und gleichzeitig sehr anschaulich erschloss. An der Staffel sind verschiedene Dinge bemerkenswert: Der anhaltende Publikumserfolg, der bei Vox umso höher einzustufen ist, als Vox mehr Frauen als Männer schauen und Frauen mit Wirtschaftsthemen schwerer zu erreichen sind, die mutige Programmierung auf 20.15 Uhr, die Auswahl interessanter Protagonisten und Geschäftsideen sowie die Leichtigkeit, mit der ohne Berührungsängste über Umsätze, Renditen und Gründereigenschaften gesprochen wurde.
Unter den Privatsendern gelang auch RTL mit „Team Wallraff“ ein Erfolg. Die gut recherchierte Reportage über die Qualität von Schulessen gelangte in die Schlussjury. Ansonsten wird im Programm des größten Privatsenders vergleichsweise wenig über Wirtschaft und wenig über Politik berichtet. Ein Wirtschaftsmagazin findet man bei keinem der großen privaten Sender, weder bei RTL, noch bei Sat.1, Pro7 oder Vox.

Der Anteil der Wirtschaftsinformationen in den Hauptnachrichten schwankt je nach Sender und Format. Fünf Prozent der Themen in der Tagesschau sind Wirtschaftsthemen. Bei RTL sind es drei Prozent. Am Abend steigt der Wert: Bei den Tagesthemen (ARD) auf acht, beim heute journal (ZDF) auf neun Prozent (Ifem Institut).

Die meisten Wirtschaftsbeiträge sendete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Auch im Aktuellen und in unterhaltenden Formaten greifen Redaktionen wirtschaftliche Themen auf. In der Gesamtschau gab es hervorragende Dokumentationen und Reportagen. Die Juroren lobten unter anderem den Afrikafilm „Der Glanz der Schattenwirtschaft“ (BR), „Das Märchen von der Elektromobilität“ (ARD, BR), den TTIP-Film „Wohlstand für alle“ (ARD, SWR), die Dokumentation über den chinesischen Immobilienmarkt „Ausländer bevorzugt“ (ARTE / WDR), den globalen und sehr erhellenden Blick auf die chinesische Schifffahrtspolitik „Chinas Macht auf dem Meer“ (3Sat, ZDF), das Mittelständlerportrait von ebm-papst „Prima Klima“ (SWR), den Mehrteiler „Wem gehört der Osten?“ (MDR) und „Deine Arbeit, Dein Leben!“, eine Dokumentation des WDR, die aus vielen Hundert Videos der Zuschauer montiert ist.

Die Leistungsstärke des öffentlich-rechtlichen Fernsehens könnte zu noch mehr Wirtschaftsbeiträgen führen. An manchen Tagen verdichtet sich jedoch den Eindruck, dass einer guten Quote ein wichtiger Inhalt untergeordnet zu werden scheint. Wolfgang Herles, der langjährige ZDF-Journalist, hat über den Konflikt zwischen Reichweite und Programmauftrag interessante Gedanken geäußert. In „Die Gefallsüchtigen“ beklagt er, dass Nachrichtensendungen wie Konsumartikel behandelt würden und Redakteure wie Produktmanager dächten, ihre Leistung sogar an den Quoten gemessen würde. Herles, der mit beeindruckenden Portraits über Ferdinand Piech und Rolf Breuer zwei Ernst-Schneider-Preise gewann, wählt für seine Programmkritik ein drastisches Bild: „Würde man ein Krankenhaus nach ähnlichen Prinzipien und Werten führen, würden die Risikopatienten mit höherer Mortalitätswahrscheinlichkeit in den Warteraum geschoben, während man sich mit Hingabe Schnittwunden und Sonnenbränden widmen würde.“ Er schlägt eine regelmäßige „Seite Drei“ vor, also prominent platzierte Dokumentationen und Reportagen über die Gesellschaften und Ökonomien in den Ländern Europas, über die Zustände in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, über die Digitalisierung und die großen globalen Prozesse.
Die Programmplaner scheinen zu befürchten, dass anspruchsvolle Themen zu viele Zuschauer zum Umschalten bewegen können. Daher setzen sie gerne auf leichter konsumierbare und meist quotenstärkere Verbraucherthemen. Als am Montag, 30. Mai 2016, auf einem Gipfeltreffen in Berlin die Politik Soforthilfen von 100 Millionen Euro für deutsche Milchbauern ankündigte, wäre dies eine gute Gelegenheit gewesen, um über den Milchmarkt, die Gründe des Preisverfalls von Milch sowie Sinn und Wirkung von staatlichen Hilfen zu berichten. Die Wirtschaftssendung WISO (ZDF) warb an diesem Tag mit der Schlagzeile: „Heute in WISO: Teuer oder billig – MarkenKonfitüre oder Discounter-Aufstrich?“

Auch die Europaberichterstattung ließe sich ohne Weiteres verbessern. Ihre Beiträge haben oft hohe wirtschaftliche Relevanz. Im vergangenen Jahr wurden zwei Beiträge des Brüsseler Studios für den Ernst-Schneider-Preis nominiert. Doch das sonntägliche „Europamagazin“ fällt im Winter regelmäßig wegen Wintersportübertragungen aus. Insgesamt produzierte der WDR, der im wöchentlichen Wechsel mit dem SWR für das „Europamagazin“ verantwortlich ist, im Dezember 2015, im Januar, Februar, März und Juni 2016 jeweils nur eine Sendung. Besonders unverständlich ist die Programmentscheidung vom 26. Juni 2016: Drei Tage nach der historischen Brexit-Abstimmung, zudem der Tag der mit Spannung erwarteten spanischen Parlamentswahl, sendete die ARD statt des „Europamagazins“ einen Lauf der Deutschen Tourenmeisterschaft. Der vorangehende „Presseclub“ hatte mit dem Thema Brexit mit 9,8 Prozent eine besonders hohe Quote. Eine Themenvertiefung des „Europamagazins“ wurde den Zuschauern vorenthalten. Die ARD schrieb in einer Pressemitteilung: „Die gerade beendete Wintersport-Saison 2015/16 hat beim Fernsehpublikum erneut großes Interesse ausgelöst. Durchschnittlich 2,43 Millionen Zuschauer verfolgten die Übertragungen im Ersten“.
Unter den kleineren Sendern hat n-tv die umfangreichste Wirtschaftsberichterstattung und produzierte unter anderem eine Serie zu Gründern („Wirtschaftsfaktor Startups“). Der Nachrichtensender berichtete eingehend über den VW-Skandal, über die Griechenlandkrise und sendete eine Branchenportraitreihe „Das Geschäft mit .. Veganern, .. der ewigen Jugend, .. dem Tod“. Phoenix bietet ebenfalls viele Wirtschaftsinformationen. In den Tagen während und nach der Brexit-Abstimmung produzierte der Bonner Ereigniskanal 50 Stunden Sondersendung. Auch im Fernseh-Programm der Deutschen Welle finden Zuschauer informative Stücke, zum Beispiel die Reihe „Wirtschaftsregionen in Deutschland“ und Filme aus Europa wie „Ohne Zukunft: junge Menschen im Kosovo“.

II. Hörfunk

Die Radionutzung in Deutschland steigt. Drei von vier Personen schalten täglich das Radio ein und hören jeden Tag durchschnittlich 190 Minuten (Media Analyse Radio II). Das Radio ist Tagesbegleiter, Unterhaltungsmedium und Informationsquelle. Wirtschaftliche Informationen sind nach Ansicht von Journalisten dabei jedoch deutlich unterrepräsentiert. In der Umfrage des Ernst-Schneider-Preis, an der sich 158 Journalisten beteiligten, sagten 71 Prozent, dass Wirtschaftsthemen im Hörfunk nicht genügend Platz finden. Dieser Wert ist seit Jahren unverändert hoch und deutet auf ein grundsätzliches Manko hin. Gut bedient werden Hörer bei den Informationswellen. Der Deutschlandfunk ist hier Marktführer. Ihn hören mittlerweile täglich 1,6 Millionen Menschen, weil sie verlässliche Informationen und die Kommentierung des Tagesgeschehens schätzen.

Trotz dieser Einschränkung gab es auch im zurückliegenden Jahr herausragende Produktionen. Viele Radiobeiträge des Wettbewerbs um den Ernst-Schneider-Preis dokumentieren auf hohem Niveau Zeitgeschichte („NRW Industrien im Wandel“, WDR), analysieren problematische Strukturveränderungen „Outlet everywhere – Der Handel kannibalisiert sich weiter“ (WDR) und widmen sich neuen Entwicklungen wie „Robot Economy“ (BR) oder auch „Internet der Dinge – Gefahren und Chancen der digitalisierten Welt“ (DLF). Hörer können bei diesen Sendungen viel erfahren und viel lernen. Den Juroren gefielen darüber hinaus nachdenkliche und ideologiefreie Feature wie „Die Waffen einer Stadt – Heckler & Koch in Oberndorf“ (SWR), große Portraits wie „Das Ende der Siemens-Familie“ (BR), unterhaltende und dennoch informative Sendungen wie „Panzerfahren für Papi – Das Geschäft mit den Erlebnisgeschenken“ (DLF) und lebensnahe Wirtschaftsreportagen wie „Abgebrannt – Vom schwierigen Neustart einer Holzhausfirma“ (BR).
Zu nennen ist hier auch das ARD-Radiofeature „Switch off Shanghai!“ (NDR), das auf raffinierte und spannende Weise die Gefahren von Cyberattacken durchspielte. Großes Echo löste auch eine crossmedial aufbereitete und beworbene Sendung unter den Hörerinnen und Hörern aus. Das Feature hieß „Fahrradklau – Von Diebesbanden und Bügelschlössern“ (WDR) und untersuchte die wirtschaftlichen Folgen des täglichen Diebstahls von annähernd tausend Fahrädern in Deutschland. Die Autoren statteten Testräder mit GPS-Sendern aus, befragten Experten und gaben praktische Sicherheits-Tipps.

Zwei Beiträge hielten die Juroren für besonders innovativ, beide kamen vom WDR. „Deine Arbeit, Dein Leben – Probezeit!“ ist eine Dokumentation der täglichen Arbeit in Nordrhein-Westfalen, erstellt aus zahllosen Einsendungen von Hörern. „Let‘s Play VW-Skandal“ und „Let‘s Play Griechenland Manager“ sind Glossen, ironisch überhöhte Beiträge, deren Besonderheit darin liegt, das auf Youtube bei Jugendlichen erfolgreiche „Let‘s Play“ – Genre zu parodieren.

III. Print

Neu ist die Transparenz, die einige Blätter zeigen. Sie treten damit dem Vorwurf mangelnder Objektivität und Ausgewogenheit entgegen. In der „Zeit“ stehen seit November 2015 unter größeren Geschichten häufiger Kästen, die über die Entstehung des Artikels informieren. Giovanni Di Lorenzo, Zeit-Chefredakteur, sagt dazu: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Leute gar nicht mehr vorstellen können, dass wir beispielsweise für eine Geschichte fünfmal an einen Ort fahren.“

Eine Quelle, 400 Journalisten, ein Jahr Arbeit. Was die Leser der Süddeutschen Zeitung über Geldströme erfuhren, die von einer panamaischen Anwaltskanzlei gesteuert wurden, war aufsehenerregend. Die Unterlagen waren von NDR, WDR und SZ mit internationalen Medienpartnern ausgewertet worden. Sie zeigen, welche Kraft Rechercheverbünde entfalten können. Im Wettbewerb 2016 lobten Juroren die vergleichbaren „Swiss Leaks“, eine journalistische Aufbereitung der Schweizer Dokumente der HSBC, die zeigen, wie Geld vor Steuerbehörden versteckt wurde.

Leser finden im Vergleich zu anderen Medien in Zeitungen und Zeitschriften besonders viele Wirtschaftsthemen. Das Angebot empfinden auch Journalisten als ausreichend. Sie erwarten nach der Umfrage des Ernst-Schneider-Preis auch in Zukunft, dass Printtitel das Genre sind, wo Rezipienten am ehesten hintergründige Wirtschaftsgeschichten und Artikel zur Wirtschaftspolitik finden werden.

Viele solcher großartiger Reportagen bewerteten Juroren im Ernst-Schneider-Preis 2016. In Erinnerung bleiben die Geschichte aus der „Zeit“ über die Schwierigkeiten der Deutschen Bank „Sie nennen es Sterbehaus“, die Analyse der Energieerzeugung „Atomkraft? Nie wieder!“, Handelsblatt, und ein wunderbares Portrait eines Frankfurter Einzelhändlers, der in Zeiten des Onlinehandels mit Beratung und Kundennähe überlebt („Laden und Sein“, FAZ). Es gab Artikel, die neue Fragen stellen, zum Beispiel die, wie sich Flüchtlingsströme finanzieren („Die Geldverschicker“, Die Zeit) oder ethische Fragen aufwerfen wie in „Der Preis des Überlebens“, taz, wenn Tabletten eines Medikaments gegen Hepatitis C ein kleines Vermögen kosten. Die beste Überschrift fand Capital zu den Abgasproblemen von Volkswagen. Sie lautete: Die „Auto-Immunerkrankung“.

Viele Flüchtlingsgeschichten standen in Zeitungen, darunter abwägende und historische Vergleiche bemühende Beiträge, die Möglichkeiten der Integration über Arbeit und ihre Kosten thematisierten. Auch mehrere Regionalzeitungen boten trotz der eingangs genannten Kapazitätsprobleme gute Artikel. Den Juroren fielen die Stuttgarter Nachrichten auf, die in „Nordwärts“ ein Jahr lang junge Italiener begleiteten, die vom Klinikverbund in Stuttgart angeworben wurden und eine Ausbildung durchlaufen. Besonders gelungen waren auch die grafisch und faktenreich überzeugende Darstellung „So viel Region steckt in einem Airbus 380“ der Aachener Zeitung, die Einzelhandelsgeschichte „Starker Handel, Starke Städte“ aus der Braunschweiger Zeitung und die Serie „Zukunft der Arbeit – Arbeit der Zukunft“ der Mittelbayerischen Zeitung. Eine innovative Idee realisierte der Kölner Stadt-Anzeiger. Er machte eine Ausgabe seiner Zeitung weiblich, nannte das Blatt „Kölner Stadt-Anzeigerin“ und stellte erfolgreiche Frauen vor, die den Leserinnen Mut machen sollten beruflich mehr auszuprobieren.

IV. Internet

Die Welt ist voller negativer Nachrichten – aber bilden sie die Welt ab? Im August 2015 schrieb „Spiegel Online“-Chefredakteur Florian Harms, er wolle in Zukunft mehr Artikel veröffentlichen, die auch bei düsteren Themen einen Aspekt aufzeigen, der Hoffnung macht und eine andere Perspektive aufgreift. Die Website zu dieser Sichtweise heißt www.ourworldindata.com. Sie liefert Daten gegen ein übertrieben negatives Weltbild, über das der Oxford-Ökonom Max Roser sagt: „Je gebildeter, desto pessimistischer“.

Auch die Website „Perspective Daily“, finanziert von 14.000 Menschen, will mehr tun, als wirtschaftliche Skandale aufzudecken. Die Seite gibt der Wissenschaft mehr öffentliches Gewicht. Nicht unwichtig in Zeiten, in denen die Algorithmen im Netz ein Problem erzeugen. Sie verstärken die Beachtung, die die populärsten Personen und Informationen erhalten. Je mehr bestimmte Informationen oben in den Trefferlisten von Google landen, desto stärker sinkt die Chance, dass andere Informationen überhaupt beachtet werden. Diese Erfahrung machten auch Journalisten, die einen ausgewogenen Beitrag zu TTIP realisieren wollten – sie fanden im Netz kaum Argumente pro Handelsabkommen.

Eine Reihe guter Wirtschaftsangebote ist im Internet entstanden. Zu ihnen gehört „Wir müssen mal reden“, ein Videoblog von Markus Gürne. Der ARD-Börsenstudioleiter erklärt in einem Café gegenüber der Börse auf amüsante und anschauliche Art Wirtschaftsthemen, wobei ihm Kaffeebecher schon mal als Ölstaaten dienen. Den Juroren gefiel ein Angebot auf Youtube, das sich an jugendliche Nutzer wendet. Es heißt „Was ich noch nie über Wirtschaft wissen wollte“ von MESH Collective. Szenebekannte Youtuber informieren in kurzen Clips über wirtschaftliche Phänomene. Exzellente Beiträge realisiert die Wirtschaftswoche, darunter aufwändig produzierte Seiten wie „Menn oder Maschine“, die den Stand der Robotertechnik in unterhaltsamen Selbstversuchen zeigte.

Andere Angebote zielen auf eine Beteiligung der Leser, zum Beispiel „Virtuelle Redaktion für Sparkassen-Recherche“, Correctiv. Das Handelsblatt schilderte in „Tatort Volkswagen“ minutiös, wie es zum größten Industrieskandal der Nachkriegsgeschichte kam und verknüpfte damit das Angebot, den Text mit Leserinnen und Lesern fortzuschreiben. Auch „Krautreporter“ bemüht sich über soziale Medien und offene Teams User in die „Recherche-Community“ einzubeziehen.
Ein anderer Trend ist die Gamification. Sie will dem Leser durch spielerische Elemente Informationen vermitteln wie in „Falcianis Swiss Leaks – Der große Bankdatenraub“. Der Leser soll nach jedem Absatz Fragen beantworten, zum Beispiel wie er sich an Stelle des Whistleblowers Falcianis verhalten hätte. Als eine Mischung aus Videospiel und Journalismus werden newsgames bezeichnet. Sie sind im englischsprachigen Raum beliebt (zum Beispiel „Cutthroat Capitalism“ von Wired). Ein deutsches Beispiel von newsgames/gamification bietet der Beitrag vom SWR über „Die Geschichte des Südwestens“ (Episode „Industrialisierung“). Er ist grafisch ansprechend und hochwertig gestaltet, urteilte die Vorjury und glaubt, dass solche Art von gamification an Bedeutung gewinnen könn-ten.

Nominierungen 2016

2016 Preissymbol OffiziellIm Wettbewerb des von den Industrie- und Han­delskammern gestifteten Ernst-Schneider-Preises stehen die Nomi­nierun­gen fest. Prominent besetzte Jurys wählten aus Fernsehen, Hör­funk, Online und Print insgesamt 21 Beiträge aus. Die nominierten Beiträge greifen gesellschaftlich besonders relevante Themen auf. Sie ragen heraus, weil sie wirtschaftliche Zusammenhänge ebenso spannend wie unterhaltsam und allgemein verständlich vermitteln. Am 17. Oktober geben die Juroren die Gewinner des Ernst-Schneider-Preis 2016 bekannt. Die Verleihung findet im Karlsruher ZKM, dem Zen­trum für Kunst und Medien, statt. Sie wird von Susan Link, ARD-Morgen­magazin, moderiert. Der offizielle Twitter-Hashtag lautet #esp16.

Auf die 45. Ausschreibung des Journalistenpreises der deutschen Wirtschaft waren über tausend Bei­träge aus allen Lebens- und Arbeitsbereichen eingegangen, dar­unter Stücke von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern, Artikel von ZEIT, F.A.Z., taz, Welt, Spie­gel, Stern und Süddeutscher Zeitung, Wirtschaftsmagazinen, Internet-Portalen und vielen regio­nalen Zei­tun­gen. Die Jurys nominierten:

1.  Internet

Wirtschaft Online (Dotierung 5.000 Euro)

  • Christian Beetz, Tanja Schmoller, Georg Tschurtschenthaler, Bettina Walter, Jakob Vicari: „Falcianis Swiss Leaks“, Gebrueder Beetz Filmproduktion / Polar Star Films / SWR / ARTE
  • Justus von Daniels, Marta Orosz: „TTIP – Der Deal“, Correctiv
  • Anna Tabea Hönscheid, Andreas Menn, Patrick Schuch, Thomas
    Stölzel: „Menn oder Maschine“, Wirtschaftswoche

2. Print

Wirtschaft in überregionalen Printmedien (Dotierung 7.500 €)

Wirtschaft in regionalen Printmedien (Dotierung 7.500 €)

  • Die Jury entscheidet sich einstimmig gegen eine Auszeichnung in dieser Kategorie. Sie nominiert keinen der Beiträge.

Förderpreis (Dotierung: Weiterbildung 2.500 €)

  • Philipp Alvares de Souza Soares, Manager Magazin
  • Gianna Niewel, Süddeutsche Zeitung
  • Florentin Schumacher, Frankfurter Allgemeine Zeitung

3. Hörfunk

Große Wirtschaftssendung (Dotierung 7.500 €)

  • Dominik Bretsch (Red. Dr.Wolfram Wessels): „Abzocke im Schatten der Freizügigkeit“, SWR
  • Florian Meyer-Hawranek (Red. Oliver Buschek): „Robot Economy“, BR
  • Christoph Spittler (Red. Klaus Pilger): „Panzerfahren für Papi – Das Geschäft mit den Erlebnis-geschenken, DLF

Kurzbeitrag (Dotierung 5.000 €)

  • Die Jury entscheidet sich einstimmig gegen eine Auszeichnung in dieser Kategorie. Sie nominiert keinen der Beiträge.

4. Fernsehen

Große Wirtschaftssendung (Dotierung 7.500 €)

Kurzbeitrag (Dotierung 5.000 €)

 

Innovation / Unterhaltungssendung (Dotierung 5.000 €)

  • Bastian Brinkmann, Robert Gast, Christoph Giesen, Frederik Obermaier, Bastian Obermayer: „Swiss Leaks“, Süddeutsche Zeitung
  • Dr. Aeneas Rooch (Red. Joachim Hecker): „Geschenke, Gesundheit, Gewichtszunahme: Wirtschaftswissenschaftliche Weihnachten“, WDR Hörfunk
  • „Plan W“, Dr. Alexandra Borchardt und Susanne Klingner (Konzept), Süddeutsche Zeitung

Über den Internetpreis entschieden:
Franziska Bluhm, Leiterin Digitale Vernetzung Verlagsgruppe Handelsblatt, Dr. Dagmar Gaßdorf, ESP-Vorstand, Christin Martens, Chefredakteurin Business Insider Deutschland, Felix Neubüser, Geschäftsleiter ka-news, Martin Wacker, Geschäftsführer Karlsruhe Event GmbH

Die Entscheidungen in der Printjury trafen:
Werner D‘Inka, Herausgeber F.A.Z., Wolfgang Krach, Chefredakteur Süddeutsche Zeitung, Ulrich Becker, Chefredakteur Südwestpresse, Burkhard Freyberg, Vizepräsident IHK Karlsruhe, Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer IHK Stuttgart

In der Hörfunkjury arbeiteten:
Peter Esser, Vorstand DIHK und ESP, Jan Metzger, Intendant Radio Bremen, Dr. Sebastian Engelbrecht, DeutschlandRadio, Gerd Stracke, Vizepräsident IHK Karlsruhe

Die Fernsehjury bestand aus:
Peter Boudgoust, Intendant SWR, Christine Strobl, Geschäftsführerin Degeto, Kai Sturm, Chefredakteur Vox, Dr. Walter Richtberg, Vorstand ESP, Dietmar Persch, IHK Karlsruhe

Der Ernst-Schneider-Preis ist der Journalistenpreis der deutschen Wirtschaft. Er ist benannt nach dem Unternehmer und Kunstmäzen Ernst Schneider, der von 1963 bis 1969 Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages war. Der Preis der IHKs setzt sich für die Behandlung wirtschaftlicher Themen in den Medien ein und schreibt seit 1971 einen renommierten Autorenwettbewerb aus.

 

Medienbrief 5/16

Lichtkunst aus Karlsruhe

Schloss Karlsruhe LichterspieleDie Schlosslichtspiele (Bild) sind ein Publikumsmagnet dieses Sommers in Karlsruhe. Bei der Projektion kommt Mapping-Technologie zum Einsatz. Dabei legen sich exakt zugeordnete Bilder wie eine Hülle über die Oberflächenstruktur eines Gebäudes und vermitteln dem Betrachter das Gefühl einer neu erschaffenen Wirklichkeit. Kuratiert werden die Schlosslichtspiele vom Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM). Im ZKM selbst findet am 17. Oktober die Verleihung des Ernst-Schneider-Preis statt. Die Künstler des Zentrums konzipieren für die Verleihungsfeier eine spektakuläre Multimedia-Lichtprojektion, die neue Entwicklungen aus der Technologieregion Karlsruhe nutzt.

Berichten, hinterfragen, diskutieren

Seit Ende August ergänzt das Hauptstadtstudio der ARD seine Berichterstattung um eine multimediale Plattform. Auf http://blog.ard-hauptstadtstudio.de treten die Berliner Fernseh- und Hörfunkkorrespondenten mit Internetnutzern in Dialog. Studioleiterin Tina Hassel will im direkten Austausch mit dem Publikum eigene Schwerpunkte setzen und die politische Hintergrundberichterstattung verstärken.

Bremen macht NEXT

Mitte August startete ein crossmediales Angebot von Radio Bremen für junge Menschen. Bremen NEXT wendet sich an Bremerinnen und Bremer im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Der Sender will Spaß und Sinnsuche anbieten. „Mit NEXT geht Radio Bremen auf die junge Zielgruppe und deren veränderte Mediennutzungsgewohnheiten zu“, sagte Radio Bremen-Intendant Jan Metzger und kündigte Aktivitäten auf Facebook, Youtube, Instagram und Snapchat an. Das Programm wird auf UKW zu hören sein. Bremen NEXT will auch ein Programm für Migrantinnen und Migranten sein, denn ein Drittel der 14- bis 25-Jährigen haben im Bundesland Bremen Migrationshintergrund. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) hat das neue Programm als eine Expansion zulasten privater Radioangebote kritisiert. www.facebook.com/bremennext

Entscheidungen in Karlsruhe

Printjury 2016 v.l.n.r. FAZ-Herausgeber Werner D'Inka, HGF Andreas Richter, SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach, Chefredakteur Südwestpresse Ulrich Becker, IHK Vizepräsident Burkhard Freyberg
Printjury 2016 v.l.n.r. FAZ-Herausgeber Werner D’Inka, HGF Andreas Richter, SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach, Chefredakteur Südwestpresse Ulrich Becker, IHK Vizepräsident Burkhard Freyberg

In diesem Sommer treten die Schlussjurys des Ernst-Schneider-Preises in Karlsruhe zusammen. Das Bild zeigt die Jury, die am meisten lesen musste und die Entscheidungen über die Preise in der Kategorie Print traf: (von links nach rechts) Werner D’Inka, Herausgeber F.A.Z., Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer IHK Stuttgart, Wolfgang Krach, Chefredakteur Süddeutsche Zeitung, Ulrich Becker, Chefredakteur Südwestpresse, Burkhard Freyberg, Vizepräsident IHK Karlsruhe.

„One“ aus Köln

Der ARD-Sender EinsFestival heißt ab 3. September „One“. Der Sender will ein attraktives Fernsehprogramm für junge Erwachsene machen. Verantwortlich ist der WDR. Im Programm werden zum Beispiel internationale Serien zu finden sein, die eher Jüngere interessieren, die „Tonight Show Starring Jimmy Fallon“, das Gossip-Magazin „Shuffle“, Übertragungen von Musikfestivals und Sport-Highlights. Mit dem Fokus auf Zuschauer zwischen 30 und 49 Jahren ist „One“ in der ARD Kooperationspartner des künftigen „Jungen Angebots“ von ARD und ZDF, das im Oktober startet und für die 14- bis 29-Jährige gedacht ist. Das „Junge Angebot“ wird als reines Internetprogramm nur im Netz zu sehen sein.

Algorithmen-Watch gegründet

2016 Daten2Die in Kaiserslautern tätige Hochschullehrerin Katharina Zweig hat im Mai 2016 mit den Journalisten Matthias Spielkamp und Lorenz Matzat sowie der Internet-Governance-Expertin Lorena Jaume-Palasí die Initiative Algorithmen-Watch gegründet. Sie will mehr Transparenz und demokratische Kontrolle bei Prozessen algorithmischer Entscheidungsfindung erreichen. Algorithmen bieten nach Auffassung der Informatikprofessorin sowohl enorme Chancen als auch Gefahren: „Wir müssen entscheiden, wie viel unserer Freiheit wir übertragen wollen.“ http://algorithmwatch.org/

Bild mit Finanzportal



Seit kurzem bündelt Bild Finanzthemen in dem neuen Portal „Mein Geld“. Leser können sich in Rubriken wie „Eigenheim und Miete“, „Gehalt und Steuern“ oder „Leben und Sparen“ informieren. Hinter der Idee steht Nikolaus Blome: „Wir wollen unseren Lesern die oftmals komplex und kompliziert erscheinenden Finanzthemen präzise, pointiert und leicht verständlich aufbereiten.“ http://www.bild.de/geld/mein-geld/mein-geld/mein-geld-46332734.bild.html

Wirtschaftsnachrichten aus Hamburg

2016 Hamburg WirtschaftsnewsErstmals mehr als eine Million Page Impressions hat das Wirtschaftsnachrichtenportal http://www.hamburg-news.hamburg/de/. Die „Hamburg News“ starteten im Juli 2014. Ein Redaktionsteam erstellt auf Deutsch und Englisch Berichte rund um den Wirtschaftsstandort Hamburg. Partner sind die Hansestadt, die Wirtschaftsförderung und auch die Handelskammer Hamburg.

Mehr Digital-Abos verkauft

Viele Tageszeitungen mussten nach den IVW-Zahlen für das zweite Quartal 2016 erneut Auflagenverluste hinnehmen. Besser sah es beim Handelsblatt aus. Hier stiegen die Verkaufszahlen um zwei Prozent auf 126.000 Exemplare. Der Zuwachs speist sich aus Digital-Abos. Die Düsseldorfer konnten die digitalen Verkäufe um 11.000 auf jetzt 37.000 steigern. Das kleine Auflagenplus der ZEIT (plus 0,2 Prozent) auf jetzt 505.000 verkaufte Exemplare liegt, wie Meedia ermittelte, ebenfalls an einem Zuwachs im digitalen Verkauf (plus 13.000 Exemplare).

Lange Nächte

Drei Stunden Radio – und das in der Nacht: Die „Lange Nacht“ ist ein Unikat in der deutschsprachigen Radiolandschaft. Am 3./4. September heißt es „Das Flüstern der Dinge – über die total vernetzte Welt“ (Deutschlandradio Kultur 0:00 bis 3:00 Uhr, Deutschlandfunk am Folgetag 23:00 bis 2:00 Uhr.

 

 

Medienbrief 4/16

Shortlist 2016 online

2916 Preissymbol LupeElf Vorauswahlkommissionen haben im Frühjahr aus 1.200 Einreichungen zum Ernst-­Schneider-Preis die besten Wirtschaftsbei­trä­ge aus­ge­wählt. Hier finden Sie die Shortlist. Die Nominierungen zum Ernst-Schneider-Preis 2016 nehmen die Schlussjurys bis zum 21. September vor. Die Preise werden am 17. Oktober im Karlsruher ZKM, dem Zentrum für Kunst und Medien, verliehen.



Weniger Zeit für Wirtschaft

Interview158 Journalistinnen und Journalisten äußerten sich in einer Umfrage des Ernst-Schneider-Preises zur Lage des Wirtschafts­jour­na­lismus. Die personelle Besetzung ihrer Redaktion halten zwei von drei Befragten für nicht mehr ausreichend. Dadurch fehle Zeit für Recherche. Hier eine Auswahl der vielen Kommentare zur Qualität der Berichterstattung:

Es geht häufig nur darum, Krisen hochzuschreiben, aber weniger um Kontext und Einordnung.

Durch den Sparkurs in vielen Redaktionen fehlen Expertise, Fachwissen und Kontakte. Themen werden häufig erst dann gesetzt, wenn sie aktuell sind, Analysen und langfristige Einschätzungen finden immer weniger statt.

Ich sehe viele, teilweise unseriöse Verbrauchertests.

Im öffentlich-rechtlichen TV wird es zunehmend schwieriger, Zeit für die Recherche von Wirtschaftsthemen honoriert zu bekommen.



Seit der Finanzkrise macht sich eine kapitalismuskritische Sicht und eine Staatsgläubigkeit breit.

Es wird nicht über Deutschland hinausgedacht; Debatten, die andernorts geführt werden, werden hierzulande nicht wahrgenommen.



Im Vergleich zum angelsächsischen Raum neigen wir immer noch dazu komplexe Themen eher „akademisch“ anzugehen – mehr Mut zu Emotionen und ein stärkerer Alltagsbezug würde vielen vermeintlich „trockenen“ Themen gut tun.

Berichterstattung wird seit Jahren immer werbe- und pr-trächtiger

Kenntnisse werden weniger und Ideologie vernebelt den Rest.

Skandalisierung und Personalisierung, Be­die­nung (eigener und beim Leser vermuteter) vorgefasster Mei­nun­gen treten an die Stelle des kritischen Diskurses…. Starke Polarisierung, z.B.: Familienunternehmen sind gut, Konzerne schlecht. … Das Weltbild ist wichtiger als die Realität mit ihren interessanten, aber recherchebedürftigen Facetten.

Der neoliberale Mainstream aus den 90er-Jahren hält sich in den Wirtschaftsredaktionen hartnäckig und ignoriert die Wende in der Wissenschaft. Die meisten Wirtschaftsjournalisten hängen am Mund der Unternehmer und ihrer Verbände.

Das Internet hat die Qualität negativ beeinflusst, zu viele Schnellschüsse.

Abgesehen von einschlägigen Tageszeitungen wie dem Handelsblatt und auch der F.A.Z. gibt es wenig mediale Ecken, in denen täglich fundiert über Wirtschaftsthemen berichtet wird. Man erkennt die ausgeprägte Mediatisierung einzelner „Skandalthemen“ zu Lasten der Wirtschaftsberichterstattung.



Europameister Rumänien

In Europa schauen die Menschen unterschiedlich lange fern. Spitzenreiter sind die Rumänen mit täglich 340 Minuten, gefolgt von den Serben und Portugiesen (jeweils rund 300 Minuten). Deutschland rangiert mit 221 Minuten im Mittelfeld. Fast schon abstinent wirken dagegen die (deutschsprachigen) Schweizer mit 128 Minuten pro Tag.

Erkenntnisgewinn mit Gürne

Seit Mai hat der ARD-Wirtschaftsexperte Markus Gürne eine Sendung auf Phoenix. Der Leiter der ARD-Börsenredaktion moderiert das „Wirtschaftsforum“ aus der Frankfurter Börse sonntags um 13 Uhr. Bei kress.de sagte Gürne, die Zuschauerinnen und Zuschauern dürften auf Erkenntnisgewinn hoffen. Das „Wirtschaftsforum“ ist auch im Phoenix-Youtube-Kanal abrufbar.

Jeden Tag drei Stunden Radio

Drei von vier Personen schalten täglich das Radio ein und hören jeden Tag 173 Minuten, ermittelte eine Studien von ARD und ZDF. Mehr Zeit verbringen die Menschen nur vor dem Fernseher. Bei den Jüngeren ist die Hördauer auf 137 Minuten gesunken. Am Zeitbudget frisst das Internet, das im Durchschnitt täglich 107 Minuten genutzt wird.



Die Politiker und die Wahrheit



2016 Faktenzoom

Die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft hat untersucht, ob die Aussagen von Politikern in Talkshows stimmen. Die angehenden Journalistinnen und Journalisten prüften die Aussagen von sieben Politikern in den Talkshows „Anne Will“, „Hart aber fair“, „Maybrit Illner“ und „Menschen bei Maischberger“. Der Erhebung zufolge war fast jede siebte Talkshow-Behauptung nicht zutreffend. Negativer Spitzenreiter war Frauke Petry (AfD) vor Markus Söder (CSU). Besser machte es der CDU-Politiker Armin Laschet.

Die Politik und die Unfälle



Nur fünf Prozent der Themen in der Tagesschau sind Wirtschaftsnachrichten. Bei RTL sind es drei Prozent. Am späteren Abend steigt der Wert: Bei den Tagesthemen auf acht, beim heute journal auf neun Prozent. Diese Zahlen ermittelte das Ifem Institut für 2015. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern dominieren in den Nachrichten politische Themen, bei den Privaten Alltagsthemen, Unfälle, Katastrophen sowie Kriminalität. Beide Sendergruppen berichteten ähnlich intensiv über die Flüchtlingskrise.

Snapchat vor Twitter



2016 SnapchatNach Angaben von Bloomberg verwenden täglich 150 Millionen Nutzer Snapchat. Vor sechs Monaten waren es noch rund 110 Millionen. Snapchat hat damit Twitter überholt. Snapchat ist bei Jugendlichen populär. Es funktioniert wie ein Tagebuch, das Nutzer temporär anderen zeigen. Die Nutzer teilen Fotos auf Snapchat, die oft mit Emoticons und bunten Zeichnungen versehen sind. Andere Nutzer können diese mit ihren Fotos kommentieren. Die verbreiteten Inhalte verschwinden nach einiger Zeit wieder. Der Nutzer kann auch „Events“ anwählen, die sogenannte „snaps“, und Fotos von verschiedenen Nutzern zu einem Thema zeigen.

Nachwuchs aus Köln

Die RTL-Journalistenschule wählt ihren neunten Jahrgang aus. Von 390 Bewerbern werden 28 Bewerber genommen, die die zweijährige Ausbildung durchlaufen. Die angehenden Fernseh- und Onlinejournalisten absolvieren Praktika bei in- und ausländischen Redaktionen, mittlerweile auch bei öffentlich-rechtlichen Sendern.

Gegen den Strom



OXI heißt eine Wirtschaftszeitung, die der frühere Chefredakteur der Frankfurter Rundschau Wolfgang Storz gegründet hat. „Oxi“, Nein auf Griechisch, bezieht sich auf die Haltung der Blattmacher gegen „Mainstream und Marktradikalismus“. Themen der ersten Ausgabe lauten „Arme denken nicht an morgen“ oder „Die wollen nicht wachsen. Spinnen die?“