Stimmungsbild Wirtschaftsberichterstattung 2017

Online-Umfrage Ernst-Schneider-Preis der IHKs:

Journalisten sehen Defizite bei der Vermittlung von Wirtschaftsthemen

(zu den grafisch aufbereiteten Ergebnissen der Umfrage)

In einer deutschlandweiten Umfrage des Ernst-Schneider-Preis sagten 58 Prozent der befragten Journalistinnen und Journalisten, dass Wirtschaft in ihrer Tragweite für die Gesellschaft von Journalisten unterschätzt wird. 76 Prozent waren der Meinung, dass Journalisten zu wenig tun, um wirtschaftliche Themen zu vermitteln. Zum Teil fehle dafür Zeit, zum Teil Fachwissen; im Fernsehen und Radio mangele es an Sendeplätzen.

An der Online-Umfrage haben 230 Journalisten (Vorjahr 158) teilgenommen. 81 gaben an für das Fernsehen zu arbeiten, 67 für Zeitungen, 30 für Zeitschriften, 56 für Onlinemedien, 42 für den Hörfunk; 28 Autorinnen und Autoren arbeiten frei, sechs sind für Nachrichtenagenturen tätig. Mehrfachnennungen waren möglich. Die Zahl der Antworten und die zahlreichen Anmerkungen der Befragten ermöglichen einen diffe-renzierten Blick auf den Wirtschaftsjournalismus.

Wirtschaftliche Themen haben danach erhebliche Bedeutung für die Gesellschaft. Mit Sorge schauen viele Journalisten auf die aktuellen Diskussionen um Protektionismus und Freihandel. Sie sehen Erklä-rungsbedarf bei Entwicklungen wie Digitalisierung, E-Mobilität und
Robotik, die Arbeit und Lebensplanung der Menschen verändern.

Nach Einschätzung von 81 Prozent der Befragten bietet das Fernsehen nicht ausreichend Sendefläche zur Behandlung dieser Themen. 68 Prozent sehen einen vergleichbaren Mangel im Hörfunk. Anders sieht es im Internet und bei Print aus. Zum Internet sagen 55 Prozent, dass das Angebot an Wirtschaftsthemen dort ausreichend sei, bei Zeitungen und Zeitschriften sind es 79 Prozent.

Die Qualität der Wirtschaftsberichterstattung bezeichnen 65 Prozent als mittelmäßig, 30 Prozent halten sie für gut, fünf Prozent für schlecht. Positiv angemerkt wurde die Qualität einzelner überregionaler Publikationen, auch das Bemühen mancher Lokalzeitung um Hintergrundberichte.

Andererseits würden Ressourcen tendenziell abgebaut. Zu wenige Me-dien böten ihren Autoren Gelegenheit zu aufwändigen Recherchen, die jedoch nötig seien, da Wirtschaft stetig komplexer werde. Es fehlten Fachjournalisten, die politische Statements hinterfragten. So flögen „Politikern in Geberpose die Journalistenherzen zu. Wer höhere Renten fordert, setzt sich unreflektiert für ‚Verbesserungen‘ ein.“ Die Befragten nannten einen Trend zur Personalisierung und Skandalisierung, im Fernsehen ein Übermaß an Verbraucherberichterstattung. Kritisiert wurde, dass das Fernsehen zu viele Mainstreamthemen anbiete und dass die Nutzer des Internets sich zunehmend über ihre eigenen Ge-meinschaften informierten. Die Befragten wünschten sich mehr unvor-eingenommene Analysen, Darstellungen von Zusammenhängen und Distanz zu Presseberichten. Das normale Wirtschaftsleben käme in der Berichterstattung zu kurz, speziell Berichte über Unternehmen, ebenso die Geldpolitik und nicht zuletzt die Wirtschaftspolitik.

Die personelle Besetzung in den Redaktionen hat sich bei 15 Prozent verbessert, bei 31 Prozent verschlechtert, bei 54 Prozent ist sie gleich geblieben. Eine Mehrheit von 63 Prozent hält ihre personelle Besetzung für nicht ausreichend. Immerhin findet knapp die Hälfte der Befragten (zehn Prozent mehr als im Vorjahr) genügend Zeit für Recherchen.

Themen, an denen das Interesse nach Ansicht der Befragten steigen wird, sind: Digitalisierung (215 Nennungen), E-Mobilität (194), Alters-vorsorge (194), Soziale Gerechtigkeit (164), Europa (162) und Zuwan-derung (143). Zwei Themenkomplexe werden als Trendthemen des Jahres 2017 angesehen: Europa / Euro / „Brexit“ und der tiefgreifende Wandel der Wirtschaft durch die Digitalisierung.

Die Befragten gaben eine Einschätzung zur künftigen Mediennutzung ab und beantworteten die Frage, worauf sich Wirtschaftsberichte kon-zentrieren werden. Bei der Berichterstattung über aktuelle Wirtschafts-themen nennt die Mehrheit das Internet. Hintergrundgeschichten und wirtschaftspolitische Beiträge sehen die meisten auch künftig bei Print. Die Lokalberichterstattung erwartet eine große Mehrheit der Befragten auf absehbare Zukunft in Zeitungen. Bei Service- und Verbraucherthemen liegt das Fernsehen in der Erwartung knapp vor dem Internet.



Der Ernst-Schneider-Preis ist der Journalistenpreis der deutschen Wirtschaft. Er ist benannt nach dem Unternehmer und Kunstmäzen Ernst Schneider, der von 1963 bis 1969 Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages war. Der Preis der IHKs setzt sich für die Behandlung wirtschaftlicher Themen in den Medien ein und schreibt seit 1971 einen renommierten Autorenwettbewerb aus.

Stimmungsbild Wirtschaftsberichterstattung 2016

Online-Umfrage Ernst-Schneider-Preis der IHKs:
Journalisten unterschätzen Wirtschaftsthemen
(zu den grafisch aufbereiteten Ergebnissen der Umfrage)

Aus Sicht von Journalistinnen und Journalisten wird die Wirtschaftsberichterstattung in Deutschland schlechter. Dies liege daran, dass die Bedeutung von Wirtschaft für die Gesellschaft von Journalisten selbst tendenziell unterschätzt werde. Zudem mache sich der Spar­kurs in den Redaktionen negativ bemerkbar. Es fehle zunehmend an Expertise, Fachwissen und Kontakten. Themen würden häufig erst aufgegriffen, wenn sie aktuell werden, Analysen und langfristige Einschätzungen fänden immer weniger statt. Außerdem räume das Fernsehen Wirtschaftsthemen erheblich zu wenig Platz ein.

Dies sind Ergebnisse einer Online-Umfrage des Ernst-Schneider-Preis. An ihr haben 158 Journalisten teilgenommen. 48 gaben an für das Fernsehen zu arbeiten, 43 für Zeitungen, 39 für Onlinemedien, 28 für den Hörfunk, 23 für Zeitschriften. 22 Autorinnen und Autoren arbeiten frei, vier sind für Nachrichtenagenturen tätig. Mehrfachnennungen waren möglich. Die zahlreichen Anmerkungen der Befragten ermöglichen einen differenzierten Blick auf den Wirtschaftsjournalismus.

Die personelle Besetzung ihrer Redaktion halten 65 Prozent für nicht mehr ausreichend (Vorjahr 53 Prozent). Dadurch stehe nicht mehr genügend Zeit für Recherche zur Verfügung, meinten 61 Prozent (Vorjahr 45 Prozent). Entsprechend sinke die Qualität. Zwar gebe es große Autorenleistungen und herausragende Recherchen, aber in der Gesamtschau auch viel Oberflächlichkeit. 56 Prozent stuften die Wirtschaftsberichterstattung als mittelmäßig bis schlecht ein (Vorjahr 52 Prozent).

Selbstkritisch beklagen die Journalistinnen und Journalisten eine Verengung der Themen auf Verbraucherberichterstattung und eine Tendenz zur Skandalisierung. Der Einfluss von Unternehmens- und Produkt-PR wachse. Viele sehen einen Trend zu Mainstream-Themensetzung mit Mainstream-Meinungsausrichtung. Beispiele sind TTIP und der Streit um die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung in der EU. An die Stelle eines kritischen Diskurses träte die Bedienung eigener und beim Leser vermuteter vorgefasster Meinungen, Familienunternehmen seien zum Beispiel gut, Konzerne schlecht. Das Weltbild sei zu häufig wichtiger als die Realität mit ihren interessanten, aber recherchebedürftigen Facetten.

Eine von 69 auf 75 Prozent der Befragten gestiegene Anzahl von Journalistinnen und Journalisten bedauert, zu wenig zu tun (oder tun zu können), um anspruchsvolle Wirtschaftsthemen zu vermitteln. Im Vergleich zum angelsächsischen Raum neige man immer noch dazu, komplexe Themen „akademisch“ anzugehen – mehr Mut zu Emotionen und ein stärkerer Alltagsbezug würde vermeintlich „trockenen“ Themen gut tun.

Deutliche Kritik üben Journalisten an der Themenstruktur in Fernsehen und Radio. 81 Prozent (Vorjahr 75 Prozent) sind der Ansicht, dass wirtschaftliche Themen im Fernsehen nicht genügend Sendezeit haben, 71 Prozent sehen einen vergleichbaren Mangel im Hörfunk. Anders sieht es im Internet und bei Print aus. Mit Blick auf das Internet sagen 62 Prozent, dass das Angebot dort ausreichend sei, bei Zeitungen und Zeitschriften sind es 84 Prozent.

Die Befragten wagten einen Blick auf Themen, an denen das Interesse steigen wird. Sie zählen dazu Altersvorsorge, Einkommensverteilung, Digitalisierung, Energie und Zuwanderung. Als Trendthemen des Jahres 2016 sehen die Befragten Flüchtlings­krise / Integration in den Arbeitsmarkt, Europa / „Brexit“, und die Handelsabkommen.

Die Befragten gaben eine Einschätzung ab, wohin sich der mediale Wett­bewerb entwickeln wird. Bei der Berichterstattung über aktuelle Themen setzen die meisten auf das Internet. Eine gegenüber früheren Umfragen noch einmal gestiegene Anzahl von Journalisten ist der Meinung, dass Hintergrundgeschichten ebenso wie wirtschaftspolitische Beiträge sich auf Printmedien kon­zentrieren werden. Die Lokalberichterstattung erwarten die Befragten auf absehbare Zukunft am ehesten in Zeitungen; Internetangebote holen jedoch auf. Bei Service- und Verbraucherthemen liegt das Fernsehen in der Erwartung vorne.

 

Stimmungsbild Wirtschaftsberichterstattung 2015

Online-Umfrage Ernst-Schneider-Preis der IHKs:
Journalisten unterschätzen Wirtschaftsthemen
(zu den grafisch aufbereiteten Ergebnissen der Umfrage)

Aus Sicht von Journalistinnen und Journalisten ist die Wirtschaftsberichterstattung in Deutschland nicht zufriedenstellend. Die Gründe sehen die Befragten zum einen bei sich und ihren Kollegen, weil die Relevanz von Wirtschaftsthemen für die gesellschaftliche Entwicklung unterschätzt werde. Außerdem unternähmen sie zu wenig, um Themen verständlich zu vermitteln. Zum anderen verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen und es fehle an Sendeflächen – gerade im Fernsehen und im Hörfunk. Dies sind Ergebnisse einer Online-Umfrage des Ernst-Schneider-Preis der IHKs. An ihr haben 179  Journalisten, unter ihnen Chef­redak­teure, teilgenommen. Die vielfältigen Einschätzungen der Befragten ermöglichen einen differenzierten Blick auf den Wirtschaftsjournalismus.

Einig waren sich die Befragten darin, dass in Deutschland Wirtschaftsthemen Kernthemen sind. Diese Ansicht scheint aber nicht von der gesamten Branche geteilt zu werden. Fast zwei Drittel der Befragten sagen, dass Journalisten die Bedeutung von Wirtschaft für die gesellschaftliche Entwicklung unterschätzen.

Zahlreiche Kommentare rief die Frage nach der Qualität der Wirtschaftsberichterstattung hervor. 48 Prozent der Befragten halten sie für gut bis sehr gut. Sie verweisen auf die Etablierung von Rechercheverbünden und beobachten ein Aufkommen von attraktiv gestalteten Erklärstücken „mit echtem Mehrwert, die der interessierte Leser nicht so einfach aus dem Netz zusammengooglen kann“.

Eine Mehrheit (52 Prozent) hält die Berichterstattung hingegen für mittelmäßig bis schlecht. Selbstkritisch beklagt sie eine Tendenz zur Verein-fachung („Das Chlorhuhn ersetzt den sorgsam recherchierten Hintergrundbericht“), eine dominierende Verbraucher- und Nutzwertberichterstattung, einen Trend zur Skandalisierung und ein Denken in Schubladen („Zu wenig Meinungsvielfalt“, „Wirtschaft wird von weiten Teilen des Journalismus immer noch verteufelt.“)

Viele Befragte sagen, dass die Berichterstattung zu sehr auf Dax-Konzerne und auf öffentlichkeitsaffine Unternehmen wie Amazon, Tesla oder Zalando fokussiere, obwohl deren tatsächliche Wirtschaftsleistung in keinem Verhältnis zu ihrer Medienresonanz stehe. Erfolge von Unternehmen würden ausgeblendet, der Mittelstand vernachlässigt. Dieser verschließe sich aber auch immer häufiger einer Berichterstattung, dadurch fehlten Beispiele. Viele Stimmen beklagen eine Vernachlässigung fundierter Hintergrundberichterstattung. „Im Bemühen um Lesernähe übernehmen Journalisten gern nicht nur die Perspektive, sondern auch die Meinung des Normalverbrauchers.“ Damit bestätige man sich als „Meinungsverstärker“, bleibe aber Erklärungen und Einordnungen des Geschehens schuldig, teilweise auch wegen mangelnden Fachwissens oder der Auflösung von Fachredaktionen. Und dann werde immer noch zu kompliziert berichtet, gerade wenn es um komplexe Themen gehe. 69 Prozent der Befragten sind insgesamt der Ansicht, dass Journalisten zu wenig unternehmen, um die anspruchsvollen Wirtschaftsthemen zu vermitteln; nur 31 Prozent sind insoweit zufrieden.

Ein Hinderungsgrund sind sich verschlechternde Arbeitsbedingungen. Journalisten leiden unter der Beschleunigung ihrer Arbeit, die zu einem Verlust an Sorgfalt führe, und an Sparmaßnahmen in den Redaktionen. Nur bei acht Prozent der Befragten hat sich die personelle Besetzung in der Redaktion verbessert, bei 45 Prozent verschlechtert, in knapp der Hälfte der Fälle ist sie gleich geblieben. Auf der anderen Seite steige der Einfluss der PR (Public Relations) mit ihren tendenziell besser werdenden Vorarbeiten auf ein problematisches Maß.

Deutliche Kritik üben Journalisten an der Themenstruktur in Fernsehen und Radio. 75 Prozent sind der Ansicht, dass wirtschaftliche Themen im Fernsehen nicht genügend Sendezeit haben, 72 Prozent sehen diesen Mangel im Hörfunk. Anders sieht es im Internet und bei Print aus. Mit Blick auf das Internet sagen 60 Prozent, dass das Angebot dort ausreichend sei, bei Zeitungen und Zeitschriften sind es 75 Prozent.

Die Befragten wagen einen Blick auf Themen, an denen das Interesse steigen wird. Dazu zählen Altersvorsorge und Arm/Reich (je 87 Prozent), Digitale Daten (81 Prozent), Industrie 4.0 (72 Prozent) und besonders das Thema Zuwanderung mit 94 Prozent. Als Trendthemen des Jahres sehen die Befragten „Grexit“ und „Brexit“, also den möglichen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone und Großbritanniens aus der EU.

Die Befragten geben auch eine Einschätzung ab, wohin sich der mediale Wettbewerb entwickeln wird. Bei der Berichterstattung über aktuelle Themen setzen die meisten auf das Internet. Eine gegenüber früheren Umfragen gestiegene Anzahl von Journalisten ist der Meinung, dass Hintergrundgeschichten ebenso wie wirtschaftspolitische Beiträge sich auf Printmedien kon­zentrieren werden. Auch die Lokalberichterstattung erwarten die Befragten auf absehbare Zukunft am ehesten in Zeitungen. Bei Service- und Verbraucherthemen liegt das Fernsehen in der Erwartung vorne.

Die Antworten der Umfrage kamen zu 29 Prozent von Zeitungsredakteurinnen und -redakteuren, zu 20 Prozent von Zeitschriftenredakteurinnen und -redakteuren, zu 25 Prozent von Fernseh-, zu 12 Prozent von Hörfunkjournalisten und zu 16 Prozent von Onlinern. Die restlichen Prozent verteilen sich auf freie Autoren, Nachrichtenagenturen und Sonstige.

Alle grafisch aufbereiteten Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier.