Medienbrief 3/15

Crowd für Juroren

Bei den diesjährigen Vorjurys des Ernst-Schneider-Preises machten die Juroren Entdeckungen. Neu war für sie das Thema Crowdwork, die anonyme und wachsende Arbeit am Computer, über die ein Radiofeature berichtete. In Erinnerung blieben die Geständnisse eines Börsenhändlers in einem leerstehenden Frankfurter Bankgebäude und Einblicke in die Fortschritte der Elektromobilität. Glossen stachen hervor, zum Beispiel zur Sharing Economy. An TTIP, dem Handelsabkommen mit den USA, rieben sich die Autoren in unterschiedlichen Formaten. Die Internet-Vorjury überzeugte die Idee, per Crowd-Funding Geld für eine GPS-gestützte Suche aufzubringen, die die Spur entsorgter Fernsehgeräte nach Westafrika verfolgt.

Fear the economic textbook

Den schon legendären Streit der beiden Wirtschaftswissenschaftler Friedrich August von Hayek und John Maynard Keynes um die beste Wirtschaftspolitik greift ein Rapper-Video der Chicagoer Universität auf. Der Österreicher Hayek vertraute auf die Effizienz der Märkte, Keynes, der Engländer, begründete, warum der Staat in Wirtschaftsprozesse eingreifen sollte. Die Studierenden fragen in dem Video nach den Effekten auf die Gesellschaft.

Das Junge Angebot

Der von ARD und ZDF geplante Jugendkanal soll Mitte 2016 online gehen. Anders als geplant wird das Programm nur im Internet zu empfangen sein. Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten ursprünglich einen Multimedia-Auftritt für 14- bis 29-Jährige in Fernsehen, Radio und im Netz geplant. Für das Programm mit dem wenig inspirierenden Namen „Das Junge Angebot“ stellen ARD und ZDF ihre Digitalkanäle EinsPlus und ZDFkultur ein. Das werbefreie Programm soll die Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs fördern. Die private Medienwirtschaft hat sich auch aus Rechtsgründen gegen den Jugendkanal als reines Internetangebot ausgesprochen.

#merkelschwanger

2015 Böhmermann Periscope„Periscope“ heißt eine neue App, die Online-Fernsehen in der Apple-Welt ermöglicht. Nutzer können ihr eigenes Programm senden. Sie brauchen einen Internetzugang und eine Kamera, zum Beispiel die eines Smartphones. „Periscope“, das kürzlich von Twitter gekauft worden ist, funktioniert ähnlich wie Skype – mit dem Unterschied, dass sich eine beliebige Anzahl von Empfängern einschalten kann. ZDF-Moderator Jan Böhmermann nutzt die Livestreaming-App, um mit seinen Zuschauer in Kontakt zu treten. Das Programm erlaubt jedem Nutzer, Kommentare abzusenden, die auf den Bildschirmen aller Zuschauer eingeblendet werden (siehe Foto). Daraus ergibt sich ein Strom von spontanen Äußerungen. In der „Hash Tag-Konferenz“ von Böhmermann am 29. April konnten Zuschauer Schlagworte vorschlagen, die per Twitter als Hashtags verbreitet werden sollten. 500 User einigten sich mit der Redaktion auf den Hashtag #merkelschwanger. Eine Stunde später war das Schlagwort bei Twitter in den Trends zu finden. Während die Zuschauer bei der Probe zu Böhmermanns Neo Magazin Royale zusahen, reagierte Böhmermann auf die Kommentare der Nutzer. Periscope wird auch von Unternehmen genutzt. Bosch hat zum Beispiel die Besichtigung einer Ausstellung live gestreamt. Die Zuschauer konnten Fragen zu einzelnen Produkten stellen, als ob sie vor Ort dabei wären.

Fernsehen beherrscht Werbemarkt

Um vier Prozent ist im vergangenen Jahr der Werbemarkt gewachsen. Er wird vom Fernsehen dominiert, das 46 Prozent der Gelder bekommt. Bis etwa 2009 waren die Ausgaben für Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften größer; der Printanteil liegt heute bei 30 Prozent. Während die Radiowerbung konstant sechs Prozent ausmacht, steigen die Ausgaben für Internet-Werbung. Sie erreichen mittlerweile elf Prozent. Die Statistik erfasst jedoch das Suchmaschinenmarketing von Google und Co nicht. Die umsatzstärkste Branche im deutschen Werbemarkt waren die Autohersteller, danach kommt die Werbung für Online-Angebote – auch im Medium Fernsehen.

Die Welle für Denker und Entscheider

2015 made for minds

„DW News“ heißt das neue englischsprachige Programm der Deutschen Welle. Der Auslandssender wendet sich künftig stärker an „internationale Entscheider“. Dazu passt der neue Slogan „Made for Minds“, den man mit „Gemacht für Denker“ übersetzen kann.

Roter Doppelpunkt

WirtschaftsWoche-Chefredakteurin Miriam Meckel hat ihre Zeitschrift inhaltlich und gestalterisch überarbeiten lassen. Neues Erkennungszeichen der WiWo ist ein großer, roter doppelter Punkt im Titel. Das Wirtschaftsmagazin erscheint nun bereits freitags.

Platz 1 der Hashtags

2015 digital cologne 2015René Obermann, bis vor kurzem Chef der Telekom, prognostiziert für die kommenden Jahre große Umbrüche in der Wirtschaft. Auf auf dem von der IHK Köln organisierten „Digital Talk“ sagte er, dass das mobile Internet das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden radikal verändern werde. Um die Anpassung zu schaffen, müssten Firmen „paranoid“ gemanagt werden. Das Gespräch moderierte Ernst-Schneider-Preisträger Richard Gutjahr. Bei Twitter kam #digitalk auf Platz eins der deutschen Hashtags.

Tütenwunder in Schwerte

Die IHK Dortmund vergab durch Sebastian Kehl von Borussia Dortmund den Schulpreis Wirtschaftswissen. Gewinner war die Friedensschule in Hamm mit ihrem Projekt „Culture Club“, den Schülerinnen und Schüler in eigener Regie führen. Dem zweiten Platz erhielt ein Gymnasium in Dortmund für die Schülerfirma „Student Style“. Dritter wurde das „Tütenwunder“. Die Schülerfirma aus Schwerte verkauft Geschenktüten mit Überraschungen für Kinder.

Kinderbote im Schwarzwald

29 deutsche Zeitungen versuchen mit Angeboten für Kinder perspektivisch Leser zu gewinnen. Der Schwarzwälder Bote hat mit Partnern sogar einen „Kinderboten“ konzipiert, der zum Preis von 8,90 Euro monatlich abonniert werden kann. Dass sich mit diesen Formaten auch Wirtschaftswissen vermitteln kann, bewies im vergangenen Jahr Antonia Bauer, die für einen Artikel aus „Dein Spiegel“ den Ernst-Schneider-Preis gewann.