Gewinner 2016

Roboter, Grüne Soße, Hidden Champions und Frauen, die die Wirtschaft verändern

45. Ernst-Schneider-Preis der IHKs verliehen

2016 Preissymbol OffiziellIm größten deutschen Wettbewerb für Wirt­schaftspubli­zistik, dem von den Industrie- und Handelskammern ausgeschriebenen Ernst-Schneider-Preis, sind heute (17. Oktober 2016) die Preise ver­lie­hen worden. Sie gingen an Autorinnen und Autoren von Arte, Bayerischer Rundfunk, F.A.Z., Mitteldeutscher Rundfunk, Süddeutsche Zeitung, Südwestrundfunk und Zeit. Insgesamt wurden Preisgelder in Höhe von 40.000 Euro vergeben. Die ausgezeichneten Beiträge vermitteln auf besonders verständliche und interessante, teils spannende, teils unterhaltsame Weise wirtschaftliche Zusammenhänge. Sie wurden in Fernsehen und Radio ausgestrahlt, in Zeitungen gedruckt und online verbreitet. 15 Jurys hatten in einem mehrstufigen Verfahren die Gewinner ermittelt. Susan Link moderierte die 45. Verleihung des Journalistenpreises der deutschen Wirtschaft im Karlsruher Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM). 500 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Medien waren anwesend, darunter zahlreiche Chefredakteure und Intendanten, die als Laudatoren die Juryentscheidungen begründeten. Die Preisträger 2016 sind:

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Gewinner 2015

Ernst-Schneider-Preis der IHKs verliehen: 10 x bester Wirtschaftsjournalismus

Autorinnen und Autoren von Hamburger Abendblatt, Enorm und Zeit ausgezeichnet / Hör­funk- und Fernsehpreise an Arte, BR, HR, SWR / Innovationspreis an Follow the Money und Vox / Internetpreis an Handelsblatt Online / Preisgelder in Höhe von 52.500 Euro

PreissymbolIm größten deutschen Wettbewerb für Wirt­schaftspubli­zistik, dem von den
Industrie- und Handelskammern ausgeschriebenen Ernst-Schneider-Preis, sind heute (20. Oktober 2015) die Preise ver­lie­hen worden. Die ausgezeichneten Beiträge vermitteln auf ebenso verständliche wie spannende Weise wirtschaftliche Zusammenhänge. Im Fokus vieler Stücke stand die Digitalisierung der Arbeitswelt. „Die Höhle der Löwen“ erhielt eine Auszeichnung als innovativste Fernsehsendung. Die Gewinner hatten sich gegen rund tausend Mitbewerber durchgesetzt. Jörg Thadeusz moderierte die 44. Verleihung des Journalistenpreises der deutschen Wirtschaft in der Handelskammer Hamburg. 600 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Medien waren anwesend, darunter zahlreiche Chefredakteure und Intendanten, die als Laudatoren die Juryentscheidungen begründeten. Die Preisträger 2015 sind:

Internet (Dotierung 5.000 Euro)

Dana Heide, Handelsblatt Online „Wie eine Katastrophe die Welt verbessert“.

Die Autorin personalisiert die Katastrophe von Fukushima durch Augenzeugenberichte, fügt Schlüsselszenen der deutschen Politik ein und widmet sich den Folgen, die die Energiewende für die Wirtschaft hat. Im Urteil der Jury eine exzellent gegliederte Geschichte mit herausragender Nutzerführung.

Nominiert waren außerdem: Daniel Moßbrucker und Jürgen Ackermann: „12 Prozent Rendite an der Tanke“, Boerse.ARD.de mit Plusminus, sowie Michael Soboll und Conrad von Meding: „Das Ende eines Traums“, HAZ Online.

Print

Wirtschaft in regionalen Printmedien (Dotierung 7.500 €)

Miriam Opresnik für „Helden des Handels“, Hamburger Abendblatt. Die zwölfteilige Serie erzählt von Lebensentwürfen, Geschäftsplänen, persönlichen Krisen und Hoffnungen Hamburger Einzelhändler – und von ihrem Kampf gegen ein sich änderndes Konsumverhalten. Nominiert waren außerdem Ulrich Wolf und Tobias Wolf: „Milliarden-Spiel. Der Anleger-Skandal um die Dresdner Finanzgruppe Infinus“, Sächsische Zeitung, und Tino Zippel: „Stadtwerke-Insolvenz in Gera“, Ostthüringer Zeitung.

Wirtschaft in überregionalen Printmedien (Dotierung 7.500 €)

Kai Biermann, Klaus Brandt, Daniel Drepper, Philip Faigle, Christian Fuchs, Anne Kunze, Haluka Maier-Borst, Stephan Lebert, Daniel Müller, Karsten Polke-Majewski, Sascha Venohr und Fritz Zimmermann für „Tödliche Keime“, Die Zeit, Zeit Online, Funke-Mediengruppe und CORRECT!V. Das Autorenteam hinterfragt in der vierteiligen Serie die durchgetaktete, konventionelle Fleischproduktion und beschreibt die Gefahr dabei entstehender multiresistenter Keime. Nominiert waren auch Marc Neller: „Der Ablasshändler“, Welt am Sonntag, sowie Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius: „Ausgespart!“, Die Zeit.

Förderpreis (Dotierung: Weiterbildung 2.500 €)

Ausgezeichnet wird Felix Brumm, Enorm, der relevante Themen der Gesellschaft unter neuen Blickwinkeln aufgreift und den Lesern die Wirtschaftswelt anschaulich erschließt. Nominiert war auch Anne-Sophie Lang, die unter anderem für Die Zeit und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schreibt.

Hörfunk

Kurzbeitrag (Dotierung 5.000 €)

„Die Macht des Geldes – Was Geld mit uns macht“, SWR, von Torsten Buschmann, Andreas Hain, Peter Knetsch, Tamara Land, Sina Rosenkranz, Julia Rubin, Jan Seidel und Lena Stadler (Red. Peter Knetsch). Die Serie portraitiert Gründer, Spieler, Spender und Verlierer und erzählt anhand ihrer Schicksale kurze Geschichten, die die Hörer einladen über ihr Verhältnis zum Geld nachzudenken. Nominiert waren außerdem Olaf Biernat, Jörg Marksteiner, Sebastian Wehner und Jörg Steinkamp (Red. Ralf Becker) mit der Serie: „Opel verlässt Bochum – Ein Werk mit Geschichten“, WDR, und Jens Brommann, Ulrich Czisla, Jennifer Lachman und Lena-Maria Reers (Red. Adrian Feuerbacher) mit der Serie: „Demografischer Wandel – Wie gut sind Unternehmen darauf vorbereitet?“, NDR.

Große Wirtschaftssendung (Dotierung 7.500 €)

Dr. Sebastian Strube schildert in „Crowdwork. Vom Entstehen der digitalen Arbeiterklasse“, BR (Red. Caroline von Lowtzow), wie die Digitalisierung eine neue globale und anonyme Arbeitsteilung ermöglicht. Nominiert waren auch Suzanne Bontemps und Sophie Panzer (Red. Karin Beindorff, Gabriele Hermer, Eva Roither) mit „Gasrausch im ewigen Eis – Unterwegs auf russischen Gasfeldern jenseits des Polarkreis“, DLF / rbb / ORF

Fernsehen

Kurzbeitrag (Dotierung 5.000 €)

Sabina Wolf dokumentiert in „Gefälschte Medikamentenverpackungen“, ARD (BR, Red. Carl Hermann Diekmann) eine neue Stufe der Internetkriminalität, bei der Originaldateien von Medikamentenschachteln gehandelt werden. Ausgedruckt und um wirkungslose Medikamente gepackt greifen sie den sensiblen Arzneimittelmarkt an. Nominiert waren außerdem Gudrun Kirfel (Red. Klaus Schmidt): „Der Staubsaugerstreit“, ARD (WDR) und „Frankreich: Wege aus der Krise“ von Markus Preiß (Red. Klaus Schmidt), ARD (WDR).

Große Wirtschaftssendung (Dotierung 7.500 €)

Marc Bauder, „Master of the Universe“, Arte / hr / SWR, (Red. Esther Schapira, Dr. Gudrun Hanke-El Ghomri). Der Film lotet in außergewöhnlicher Ästhetik und Ruhe die Tiefen der Finanzwelt aus. Er konzentriert sich auf einen Protagonisten, der Perspektive und Haltung eines Investmentbankers vermittelt. Nominiert waren auch Christof Boy, Herbert Elias und Michael Grytz (Red. Nicole Kohnert) für „Gegen den Strich: TTIP“, WDR, sowie Jan Schneider und Maja Helmer (Red. Michael Scheuch) für „Die Maschen der Banken – Fragwürdige Geschäfte mit Zinsen und Gebühren“, ZDF.

Innovation / Wirtschaft in der Unterhaltungssendung (Dotierung 5.000 €)

Preisteilung: Christiane Beeker und Andrea Jajeh: „Die Höhle der Löwen“, Vox (Red. Katja Rieger, Sabine Leopold). Im Urteil der Jury ein innovatives wirtschaftliches Fernsehformat, das aus Gründergeschichten spannende, informative und erfolgreiche Unterhaltung macht.

Carolyn Braun, Marcus Pfeil, Felix Rohrbeck und Christian Salewski: „Die GPS-Jagd!“, Die Zeit / ARTE / Follow the Money / ARD (NDR, Red. Dieter Schiffermüller). Auszeichnung für ein originelles, crossmediales Projekt zu einem Recyclingthema, bei dem die Autoren über Soziale Medien Nutzer einbeziehen und mittels markierter Fernseher eine globale Geschichte entwickeln, die verhängnisvolle Kapital- und Warenströme offenbart.

 

Über den Internetpreis entschieden: Ute Brüssel, Leiterin Kommunikation DIHK, Philipp Jessen, Chefredakteur Online Stern, Dr. Robin Houcken, Geschäftsführer Nordpol+Hamburg Agentur für Kommunikation GmbH, Juliane Leopold, Chefredakteurin BuzzFeed Deutschland, und Burghard Schnödewind, Leiter boerse.ARD.de.

Die Entscheidungen in der Printjury trafen: Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer Die Zeit, Brigitte Fehrle, Chefredakteurin Berliner Zeitung, Lars Haider, Chefredakteur Hamburger Abendblatt, und Dr. Walter Richtberg, Vorstandsvorsitzender Ernst-Schneider-Preis.

In der Hörfunkjury arbeiteten: Andreas Bartmann, Vizepräses Handelskammer Hamburg, Marzel Becker, Geschäftsführer und Programmdirektor Radio Hamburg, Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin IHK Stade, Joachim Knuth, Hörfunkdirektor NDR, und Birgit Wentzien, Chefredakteurin Deutschlandfunk.

Die Fernsehjury bestand aus: Susanne Biedenkopf-Kürten, Leiterin Hauptabteilung Wirtschaft, Recht, Soziales, Umwelt, ZDF, Prof. Thomas Kleist, Intendant Saarländischer Rundfunk, Dr. Walter Richtberg, Vorstandsvorsitzender Ernst-Schneider-Preis, Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer Handelskammer Hamburg, und Sonja Schwetje, Chefredakteurin n-tv.

 

24 Nominierungen für besten Wirtschaftsjournalismus

Im Wettbewerb des von den Industrie- und Han­delskammern gestifteten Ernst-Schneider-Preises stehen die Nomi­nierun­gen fest. Prominent besetzte Jurys wählten aus Fernsehen, Hör­funk, Online und Print insgesamt 24 Beiträge aus. Die nominierten Beiträge greifen gesellschaftlich relevante Themen auf. Sie ragen heraus, weil sie wirtschaftliche Zusammenhänge ebenso spannend wie unterhaltsam und allgemein verständlich vermitteln. Am 20. Oktober geben die Juroren die Gewinner des Ernst-Schneider-Preis 2015 bekannt. Die Verleihung findet aus Anlass des 350. Geburtstages der Handelskammer Hamburg statt. Sie wird von Jörg Thadeusz moderiert. Der offizielle Twitter-Hashtag lautet #esp15.
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Das ganze Bild zeigen

Stellungnahme zur Entwicklung der Wirtschaftsberichterstattung 2015

Die Griechenlandkrise zeigt ein Problem der Wirtschaftsberichterstattung. Die Menschen bekamen über alle Medien so viele Informationen wie noch nie, aber was in Griechenland wirklich geschah, verstanden sie meist nicht. Es war, als hätte man ein riesiges Puzzle über Deutschland ausgeschüttet. Doch wenn man die einzelnen Teile ineinander legte, fehlten entscheidende Stücke und zahlreiche wiederholten sich. Ein Bild war nicht erkennbar. Das kann daran liegen, dass Journalisten naheliegende Fragen nicht stellten. Zum Beispiel die Fragen woher die Schulden rührten und warum die Griechen ihren Staat nicht reformieren. Journalisten befassten sich kaum mit der Geschichte Griechenlands, ergründeten selten die Einstellung der Menschen zum Staat und fragten nicht nach ihrer Haltung zur Wirtschafts­ordnung. Sie unterschätzten den Einfluss von mentalen Barrieren, orthodoxer Kirche und Kommunistischer Partei. Stattdessen berichteten sie ausführlich von Sparvorgaben der EU („Brüssel verlangt Rentenkürzungen“), hielten leicht auffindbare, populäre Teile des Puzzles hoch und deckten damit nur einen Teil der Realität auf.

Die Berichte über das Freihandelsabkommen TTIP zeigten ein ähnliches Bild: Chlorhühnchen und Beiträge über Proteste gegen das Freihandelsabkommen überlagerten regelmäßig eine umfassende Information. Dies deutet auf ein generelles Problem bei komplexen Wirtschafts­themen hin. Es scheint, als wachse die Differenz zwischen den Nachrichten, die die Menschen mitbekommen, und den Nachrichten, die die Menschen verstehen (Gäbler, Anspruch und Wirklichkeit der Politikmagazine, Juni 2015).

Viele Wirtschaftsjournalisten sind mit der Bericht­erstattung nicht zufrieden. In einer aktuellen Umfrage des Ernst-Schneider-Preis sagen fast zwei Drittel der 179 Befragten, dass Journalisten generell die Bedeutung von Wirtschaft für die gesellschaftliche Entwicklung unterschätzen. Zum anderen verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen und es fehle an Sendeflächen – gerade im Fernsehen und im Hörfunk. Die Befragten beklagen eine ausufernde Verbraucherberichter­stattung, eine Tendenz zur Vereinfachung und Skandalisie­rung sowie ein Denken in Schubladen. Zu oft ersetze die Personalisierung die Sachrecherche mit der Folge, dass Einzel­schicksale übergewichtet werden. Zudem werde auf Innovationen, Erfolge und den Mittelstand zu wenig eingegangen.

Die Stellungnahme der Industrie- und Handelskammern will einen Anstoß zur Entwicklung der Wirtschaftsbericht­erstattung geben. Sie stützt sich auf Studien, Medienbeobachtung und die Auswertung von über tausend Wirtschaftsbeiträgen, die zum Ernst-Schneider-Preis 2015 eingereicht wurden. Die IHKs stiften den Preis seit 44 Jahren. Ihr Ziel ist, dass die Menschen über Hintergründe und Zusammenhänge der Wirtschaft verständlich informiert werden.

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Mehr Wirtschaft wagen

Stellungnahme zur Entwicklung der Wirtschaftsberichterstattung 2014

In der Tagesschau vom 11. Juni 2014 prallten zwei Welten aufeinander. Wütende Taxifahrer pro­testierten gegen die Wettbewerbsverzerrung der digitalen Start-ups Uber und WunderCar. Deren Gründer guckten ungerührt in die Kamera und sagten, dass die Welt sich gedreht habe. Per App. Ähnliche Erfahrungen wie die Taxifahrer machen die Hotelbranche mit Airbnb und die Buchhandlungen und -verlage mit Amazon. Die Liste ließe sich um Reisebüros, Zeitungen und Banken verlängern. Eine Welle technischer Durchbrüche verändert die Welt, getrieben von exponentiell wachsenden Datenmengen, immer leistungsfähigeren Computern und stetigen Entwicklungen der Robotik. Schon heute sind mehr Dinge mit dem Internet verbunden als es Menschen gibt. Auf allen Ebenen transformiert sich die Wirtschaft. Wir leben in Zeiten eines Umbruchs. Mehr denn je braucht es einen wachen Blick, Recherche und kluge Einordnung, kurzum: kundige journalistische Begleitung.

Die IHKs wünschen sich kompetente Berichte und sie wünschen sich mehr Wirtschaftsthemen – im Fernsehen und besonders im Radio. Hier liegt ein Defizit, auch zahlreiche Journalisten sehen es (Umfrage Ernst-Schneider-Preis 5/2014). Die befragten Ressortleiter und Chefredakteure sind nahezu unisono der Ansicht, dass die Bedeutung der Wirtschaftsberichterstattung für die Entwicklung der Gesellschaft deutlich unterschätzt wird, dass also das Wohlbefinden der Deutschen, ihr Zusammenhalt und ihre Lebensperspektiven viel stärker von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen als sie vermuten. Doch auf dem Weg zu einer kritisch-vorurteilsfreien Wirtschaftsberichterstattung scheinen noch Steine zu liegen. Psychologen des Rheingold-Instituts haben gerade ermittelt, dass Journalisten sich bei Wirtschaftsthemen oft als Korrektiv sehen und ihre Berichte färben. Warum? Weil sie Wirtschaft als Übermacht empfinden und in ihren Köpfen noch analoge Bilder von Wirtschaft sind („Das Bild der Wirtschaft aus Perspektive von Journalisten“ 9/2013).

Die diesjährige Stellungnahme der IHKs zur Entwicklung der Wirtschaftsberichterstattung stützt sich auf Studien, Medienbeobachtung und die Auswertung von über tausend Wirtschaftsbeiträgen, die zum Ernst-Schneider-Preis, der seit 43 Jahren von den Industrie- und Handelskammern gestiftet wird, eingereicht wurden.

I Fernsehen

Neue Formate von RTL und WDR, exzellente Reportagen aus der Serie „Zoom“ im ZDF und aufsehenerregende Magazinbeiträge vorwiegend in der ARD: Wer im Programm sucht, findet gute Wirtschaftsbeiträge.

Der Wirtschaftsjournalismus scheint seinen Tiefpunkt nach der nicht prognostizierten weltweiten Finanzkrise überwunden zu haben. So sahen Zuschauer bereits ein dreiviertel Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Warnungen vor Beteiligungen an der Windkraftfirma Prokon, zum Beispiel „Windige Versprechen“ (HR). Das spricht für Kompetenz in den Redaktionen, die bei Wirtschaftsthemen notwendig ist. Es zeigt aber auch wie problematisch es ist, Absolventen der Wirtschaftswissenschaften vom Volontariat auszuschließen, wie derzeit beim ZDF üblich.

Zahlreiche gute Beiträge analysieren die deutsche Energiewende, unter anderem „Experiment Energiewende – Deutschlands einsame Revolution“ (ZDF/ARTE). Deutlich auch der Zeitbezug bei Beiträgen wie „Zugriff! – wenn das Netz zum Gegner wird“ (ARD/HR). Beiträge wie „Flucht in die Karibik – Die Steuertricks der Konzerne“ (ZDF) und „Steuerfrei – Wie Konzerne Europas Kassen plündern“ (WDR) lösten politische Debatten aus. Die Reportagen schildern wie multinationale Firmen Gewinne und Steuern zu Lasten der Gesellschaft und ihrer mittelständischen Konkurrenten minimieren, eine Praxis, die mittlerweile die EU untersucht. Gute Wettbewerbsbeiträge beschreiben, was die Gesellschaft bewegt, zum Beispiel Fehlsteuerungen in der Medizin. Der „Krankenhaus-Report – Wo Medizin Kasse macht“ (ARD/HR) analysiert die Frage wie viel Markt die Gesundheit verträgt und welche Auswirkungen Fallkostenpauschalen haben können. Gesellschaftlich relevant sind die „Macht der Ratingagenturen“ (ZDF) und „Staatsgeheimnis Bankenrettung“ (ARTE/rbb), beides ebenso exzellente Reportagen wie „Tödliche Deals – Deutsche Waffen für die Welt“ (ZDF). Dass Wirtschaft tief in den Alltag der Zuschauer hineinreicht, zeigen Beiträge wie „Oh Tannebaum – die Jagd nach der Nordmanntanne“ (Servus TV), „Deutschland deine Pizza“ (NDR) und „Kundenarbeit – die unbezahlte Dienstleistung“ (3Sat): Im Urteil der Juroren Beiträge, die vorbildlich vermitteln wie die Wirtschaft sich unablässig verändert.

Die besten kurzen Beiträge des Wettbewerbs um den Ernst-Schneider-Preis kamen in diesem Jahr von der ARD. Die Jurys lobten Magazinbeiträge über die eingeschränkte Aussagekraft von Zertifikaten bei der Textilherstellung (WDR), zum boomenden Milchexport nach China (SWR), über die Ausbildungsbereitschaft von Jugendlichen (MDR) und – einmal mehr – über wachsende Gefahren des Datenmissbrauchs („Cyberwar“, BR).

Trotz dieser guten Beispiele ist der Wirtschaftsanteil in der Gesamtschau des Programms nicht hoch. Eine Aufwertung wäre angesichts der Relevanz, die Wirtschaft für die Gesellschaft hat, angemessen. Dies gilt auch für die Wirtschaftsendung des Ersten. „Plus­minus“ steht im Schatten des Programms. Die Sendung fällt oft aus – allein elf Mal im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Als am Sonntag, 4. August 2013, keine „Lindenstraße“ ausgestrahlt wurde, war dies der dritte Ausfall der ARD-Soap in 28 Jahren. „Plusminus“ setzen Fußball, Ferien, Feiertage und Eventprogrammierung zu.

Zwar widmen die beteiligten Plusminus-Redaktionen erfreulicherweise den größten Teil der Sendezeit Wirtschafts­themen (Programmanalyse des IFEM-Institut in Media Perspektiven 5/2014), doch gewinnen im Vergleich zum Vorjahr alltagsnahe Verbraucherthemen und Kriminalitäts­themen an Bedeutung. In „WiSo“ (ZDF) dominieren alltagsnahe Verbraucherthemen. Klassische Wirtschaftsthemen liegen an zweiter Stelle, verlieren aber ebenfalls zugunsten von Kriminalitätsthemen an Sendezeit.

Und neue Formate? Auch die gibt es. Der „Markencheck“ des WDR war eine solche Innovation. Doch seit dem Erfolg, den die Sendung auch in der ARD feierte, scheinen die Programmverantwortlichen in Checks aller Art Einschaltquotengaranten zu sehen. Im laufenden Programm „checkt“ der „Marktcheck“ des SWR im Südwesten sogenannte Topmarken. Und ab August checkt die ARD in einer „großen Verbraucherinitiative“ (Programmdirektor Volker Herres) erst Marken (WDR), dann Recht (SWR), anschließend Lebensmittel (NDR mit Tim Mälzer), danach Haushalt (WDR) und schließlich Gesundheit (BR). Damit aber nicht genug. 2015 dürfen sich die Zuschauer auf den „Montags-Check im Ersten“ in folgenden Kategorien freuen: „Werbe-Check“ (SWR), „Reise-Check“ (SR) und – gewissermaßen ein Scheck-Check – der „Geld-Check“ in der Verantwortung von BR und HR. Durch die Klonsendungen fällt im ARD-Programm am Montagabend um 20.15 Uhr der Dokusendeplatz Natur weg. 2010 strich die ARD am gleichen Tag um 21.00 Uhr bereits den Sendeplatz für Reportagen.

Ob die Checks dem Bedürfnis der Zuschauer nach Orientierung Rechnung tragen? Es geht origineller: Den Juroren fiel beim Ernst-Schneider-Preis 2014 das WDR-Format „Gegen den Strich“ auf, das als größerer Block in der Sendung „markt“ gesendet wird. Hier überraschen die Autoren die Zuschauer mit unkonventionellen Ideen. „Massentierhaltung – ja bitte“ hieß zum Beispiel ein ebenso nachdenklicher wie unterhaltsamer Film über Tierhaltung, in dem Argumente als Rap gesungen wurden. Ebenfalls vom WDR stammt „Auf den Punkt“, ein Format aus dem Frühstücksfernsehen der ARD. In ihm erklärt der Autor in zwei Minuten Wirtschaftsbegriffe in Alltagssprache. Das Setting in einer aufgelassenen Fabrik, die unkonventionelle Erzählweise sowie die gute Grafik machen diese Folgen sehenswert. Informativ war auch „Wie geht´s Deutschland? (ZDF), eine Spurensuche mit anschließender Diskussion.

Bei Phoenix hat Wirtschaft einen hohen Stellenwert, 3sat setzt Akzente (Themenwoche „Hauptsache Konsum“, „Die Macht der Märkte“), auch n-tv berichtet kontinuierlich und zuverlässig über Wirtschaft. Große Privatsender wie RTL und Sat.1 zeigen Wirtschaft, zum Beispiel in ihren regionalen „Fensterprogrammen“, in denen nach Feststellung des Instituts für Medienforschung Göttingen und Köln die Berichterstattung an inhaltlicher Substanz gewonnen hat. RTL West war mit überzeugenden Magazinstücken zu nordrhein-westfälischen Wirtschaftsthemen im Wettbewerb vertreten. Im Abendprogramm wagte sich RTL an ein Format, das „Was verdienst du?“ heißt. In dieser Dokusoap teilen sich Mitarbeiter und Inhaber die Höhe ihrer Gehälter mit. Daraus entwickelt sich in den Unternehmen ein Prozess, bei dem über Sinn und Wert von Arbeit und Leistung gesprochen wird. RTL produziert daneben die Serie „Undercover Boss“ und macht mit dem „Team Wallraf“ viel gesehene Undercover-Reportagen. Das vor einem Jahr ausgegebene Versprechen, RTL stärker journalistisch zu positionieren, wurde mit „Nicht mit uns – die große Schnäppchenlüge“ und „Raus aus der Rentenfalle“, in dem Peter Zwegat den Zuschauern erklärt, was sie tun müssen, um im Alter nicht in die Altersarmut abzurutschen, eingelöst.

 

II Hörfunk

Die Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Radioprogramm sind zumeist hörbar. Die Sender bedienen die Bedürfnisse der Hörer nach Information und Unterhaltung. Insgesamt ist der Informationsanteil der kommerziell betriebenen Stationen deutlich niedriger. Dies geht besonders zulasten tendenziell erklärungsbedürftiger Wirtschaftsinformationen. Hier ist das Angebot dünn. So überrascht es kaum, dass – anders als im Fernsehen – sich kein privater Sender am Wettbewerb beteiligte. Dabei hätten besonders die großen Sender oder Senderverbünde wie Radio NRW, Antenne Bayern, FFH und R.SH Möglichkeiten eigene Angebote zu entwickeln. Ein Blick in Boulevardzeitungen gibt Hinweise, welche Wirtschaftsthemen leicht zu vermitteln sind.

In den Angeboten der ARD hören die Menschen Serien und Thementage, zum Beispiel am 11. September 2013 auf WDR 5 „Im Würgegriff der Banken – Fünf Jahre Finanzkrise“. Der Deutschlandfunk sendete im Juni 2014 den Themenschwerpunkt „Deutschland, deine Krankenhäuser“. Es ging um Fehlsteuerungen der Fallkostenpauschale, um Forschung, Demografie und Markt. Viele Sender produzieren großartige Feature, die ARD auch ein senderübergreifendes Radiofeature. Den Jurys gefielen unter anderem „Pacmans Enkel – Boombranche Computerspiele“ vom WDR und „Pieta Piëch“, ein kunstvolles „Dokumentarpassionsspiel“ des SWR. Die Probleme der vernachlässigten deutschen Verkehrsinfrastruktur bringt „Leverkusen ist überall“ exemplarisch auf den Punkt (DLF). „Schiefer, Sand und Supermärkte“ beschreibt wie neue Öl- und Gasquellen die Weltordnung verändern (BR).

Im Radio, so die Ansicht vieler Beobachter, gibt es Sendeflächen für ungewöhnliche Themen, was aber auch bedeutet, dass die Redaktionen – unbelastet vom Quotendruck des Fernsehens – sich trauen außergewöhnliche Themen aufzugreifen. Beispiele hierfür sind „Grüner Profit – die Biobranche zwischen Alternativrollen und Dumping­kapita­lis­mus“ (WDR), „Shoppen in China – Afrikanische Händler in Guangzhou“ (NDR) und „Handelseinig – DDR-Zwangsarbeit und die Verantwortung westdeutscher Firmen“ (BR). Dass dabei auch mit Erzählformen experimentiert wird, bewies „Gute Tante Arbeitsamt – Vom Leben einer Institution“ (NDR).

 

III. Print

Die Stärke der Zeitungen liegt darin, zwischen der ersten und der letzten Seite eine Zusammenfassung des Geschehens zu geben und Einordnung zu bieten; außerdem erfüllen Zeitungen die Bedürfnisse der Leser nach Überraschung. Im Vergleich der Medien sehen Chefredakteure und Ressortleiter bei Zeitungen und Zeitschriften in einer Befragung des Ernst-Schneider-Preis vom Mai 2014 unvermindert viel Potenzial. „Hintergrundberichterstattung“ und „Wirtschaftspolitik“ finden sie in Printtiteln am besten verortet. Noch mehr Journalisten als im Vorjahr (62 Prozent) erwarteten die Lokalberichterstattung vor allem in den Printmedien. Insgesamt halten die befragten Journalisten die Wirtschaftsberichterstattung in Deutschland überwiegend für gut – und denken dabei besonders an die Presse. Hier hat Wirtschaft ihr Nischendasein verlassen. Allerdings sagen drei von vier der Befragten, dass Journalisten noch zu wenig tun, um Wirtschaftsthemen ansprechend zu vermitteln.

Auf die Autoren der nachfolgenden Artikel trifft dies nicht zu. Ihre Beiträge ragen unter mehreren hundert Einreichungen zur Kategorie Print im diesjährigen Wettbewerb heraus, weil vieles zusammenkommt: Ungewöhnliche Erzählideen, neue Blickwinkel auf eine Thematik, besondere Recherchetiefe, Lesbarkeit auf mehreren Ebenen und eine Einbindung der Geschichte in größere Bezüge. Die Jurys lobten zum Beispiel „Schluss. Aus. Feierabend.“, einen Beitrag über den Sinn der Arbeit (KulturSPIEGEL) und „Warum muss Joy hungern?“, ein Zeit-Dossier über Zusammenhänge zwischen Weltmaisproduktion und Nahrungsmittelmangel. Bemerkenswert waren auch die Einblicke in die komplexen Abläufe der Deutschen Bahn in „Heute vom Gleis gegenüber“ und „Gnadenlos.com“, eine in große Zusammenhänge gestellte Amazon-Geschichte, die den radikalen Wandel des Handels analysiert (beide Spiegel). Die beste Serie zur vernachlässigten Verkehrsinfrastruktur erschien in der Welt am Sonntag und heißt „Die gebremste Republik“, die pointierteste Geschichte zur Energiewende druckte das Handelsblatt („Der Irrsinn der Energiewende“).

Spannend und verständlich wird Wirtschaft, wenn Autoren das Entstehen eines einzelnen Produktes schildern. Dies kann auch ein Film sein. In „Aufnahme läuft!“ (Zeit) verfolgen Leser, wie der Wettlauf zwischen dem Produzenten des teuersten deutschen Films und der globalen Videopiraterie, die die Refinanzierung gefährdet, verläuft. Ein Steak und ein „Golf“ sind die beiden Produkte, die Capital-Reporter auf dem Weg nach Europa beziehungsweise in die USA verfolgen – ein ebenso überraschender wie großartiger Blickwinkel zur Erläuterung des diskutierten Freihandelsabkommens. Wie global der Gesundheitsmarkt ist, schildert „Der libysche Patient“ (Welt am Sonntag); was die veränderten Arbeitszeiten für Folgen haben, las man in dem bewegenden Portrait einer Kita, die nicht schließt: „Vierzig Stunden in der Kita“ (F.A.Z.).

Die regionalen Tageszeitungen entwickeln zum Teil bemerkenswerte Serienideen, an denen sowohl die Konzepte als auch die einzelnen Themen überzeugen. Die Berliner Morgenpost titelte „Gründer Zeit“ und machte eine Serie zu Start-ups in der Hauptstadt; nicht weniger überzeugend die Folgen von „Gründer im Land Baden-Württemberg“ (Stuttgarter Zeitung). Originell erschien den Juroren die zehnteilige Serie „Patente – Münstersche Erfindungen – und was sie ihren Ideengebern brachten“ aus der Münsterschen Zeitung. Dass auch Regionalzeitungen globale Geschichten erzählen können, beweist das Hamburger Abendblatt mit der Serie „Hamburgs neue Gastarbeiter“. Mit dem aktuellen Thema der Zuwanderung greifen die Autoren ein zentrales Problem der Gesellschaft auf und binden Leser. Dies nennt der Zeitungsforscher Andreas Vogel in der kürzlich erschienenen Studie „Talfahrt der Tagespresse“ eine Voraussetzung für die Gesundung der Zeitungen: Zeitungsredaktionen müssen als „Kompetenzzentren der öffentlichen Kommunikation im Regionalen wahrgenommen werden“.

 

IV Internet

Den möglicherweise entscheidenden Geburtsfehler des Internet nennt der Computerwissenschaftler und Internetvisionär Jaron Lanier die One way-Verlinkung. Sie sei für die Kostenloskultur im Netz verantwortlich. Laniers These: Gäbe es Two-Way-Links, könnte also der Urheber sehen, was mit den Informationen geschieht, müssten Datensammler wie Google etwas bezahlen. Dass etwas falsch läuft in der Informationsökonomie, spüren zahlreiche Branchen, nicht zuletzt die etablierten Anbieter von Nachrichten. Zeitungsverlage, die ihre digitalen Ausgaben kostenlos ins Netz gestellt haben, führen nach und nach Bezahlmodelle ihrer elektronischen Ausgaben ein; in diesem Jahr werden es bereits hundert sein. Die großen Nachrichtenportale bleiben hingegen zumeist beim freien Zugang und setzen auf Reichweite und entsprechende Werbeerlöse. Auf eine neue Erlösquelle zielen Journalisten wie Krautreporter, die über crowdfunding Finanziers suchen.

Seiten mit guten Wirtschaftsinformationen bieten im Internet neben den etablierten Verlagen zahlreiche Ökonomie- und Meinungsblogs sowie die Websites der öffentlich-rechtlichen Sender, des Deutschlandfunks und der Deutschen Welle. Aus diesem Kreis setzen sich die Einreicher zusammen, die sich am Wettbewerb um den Ernst-Schneider-Preis mit interessanten Wirtschaftsgeschichten beworben haben. Thematisch geht es um den Strukturwandel in Deutschland „Stadt – Land – Mensch“, (DW.de), den Volksentscheid zum Berliner Tempelhofer Feld (Tagesspiegel) und „Transition towns“, (faz.de), um Spekulationsblasen (Zeitonline / explanity), den deutschen Mittelstand (n-tv und Welt online) und Enthüllungen „Finanzvertriebe packen aus“ (Handelsblatt). Zeit online testete das „crowd sourcing“ und bat seine Leser mitzuteilen, wie hoch ihre Dispozinsen sind. Aus den Antworten entwickelte die Redaktion eine Deutschlandkarte der Bankgebühren. Das Vorhaben zielt auf Leserbindung und auf Partizipation, beides entscheidende Faktoren im Onlinegeschäft. In die Geschichten eingebunden sind oft Bilder, Videos, weiterführende Links und Grafiken in unterschiedlicher Qualität. Manches ist großartig gestaltet wie eine Adidas/Puma-Geschichte in „Begleiter“ (SZ), anderes eher werkstattmäßig wie der über Google Hangouts geführte „WiWo Lunchtalk“ der Wirtschaftswoche. Schnelle Kommentare und Feedbacks der Leser spielen im Netz eine große Rolle.